Heute möchte ich meinen Schlussbericht vorlegen, denn ich habe mich in der vergangenen Woche einer diagnostischen TURP unterzogen, so wie ich das schon angekündigt hatte. "Diagnostisch" bedeutet, dass möglichst kapselnah ausgeschält wurde, um möglichst viel Drüsengewebe zu resizieren, das dann pathologisch untersucht werden kann.
Die Gründe, meine AS zu beenden, waren die folgenden:
All dies war ich dann Mitte d.J. leid und ließ mal wieder eine Stanzbiopsie machen (elastografie-gestützt = super!!), als Kontrolle, ob die hohen PSA-Werte nicht eventuell andere Ursachen haben. Alle 14 Stanzen (bei einer 35ml Prostata nicht gerade wenig) waren negativ - ich habe darüber berichtet.
Damit stand mein Entschluss zur TURP.
Diese ist sehr gut gelaufen, auch wenn ich die Schwere des Eingriffs unterschätzt habe (mein Ausdruck neulich - "Lappalie" - war völlig unpassend, auch wenn ich ihn nur im Vergleich zur RPE gebraucht hatte). Das Ganze ist eine vollwertige OP, denn die Prostata ist natürlich nach der Ausschälung eine einzige Wunde, die erst einmal abheilen muss usw.usw. Dennoch: Alles in allem sehr erträglich, wenn auch nicht wirklich vergnügungssteuerpflichtig.
Per heute geht es mir richtig gut: Schmerzfrei, kontinent, erektionsfähig, voll miktionsfähig (wunderbarer scharfer Strahl - hatte ich schon lange nicht mehr :-)) !!!
Bei der Pathologie wurden im ersten Grob-Durchlauf keine Krebszellen gefunden. Ich überlege, ob ich auch da eine Zweitbegutachtung machen lassen sollte.
Meine Schlussfolgerungen aus meinem heutigen Status:
Ich kann natürlich nicht ausschließen, dass bei einer Zweitbegutachtung noch Krebszellen gefunden werden oder dass irgendwo im Restgewebe unmittelbar an der Kapsel noch etwas sitzt. Insofern werde ich meine PSA-Werte noch eine Weile unter Beobachtung halten.
Zunächst aber betrachte ich das Prostatakrebs als für mich erledigt. Daher habe ich diesen Bericht auch "Schlussbericht" genannt.
Ich werde jetzt nicht mehr oft im Forum sein, stehe aber allen Interessierten gerne per PN zur Verfügung. Etwaige Kommentare/Fragen bzgl. meines heutigen Schlussberichts werde ich natürlich noch zeitnah beantworten.
Allen Betroffenen wünsche ich von Herzen alles Gute!!!
Schorschel
P.S.: Hier unten findet Ihr meinen Beitrag aus dem Februar 2009, der m.E. heute immer noch aktuell ist,
zum Thema AS und die Kriterien dafür.
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Den nachfolgenden "Versuch" habe ich im Februar 2009 formuliert. Er zeigt auf, was mich bei meiner AS-Entscheidung geleitet hat. Ich halte meine Aufstellung auch heute noch für aktuell. Auch die Leitlinie ist inzwischen offener für AS und versucht, Übertherapie zu vermeiden.
Ich bin unverändert der Meinung, dass eine verantwortgsbewusste, ärztlich begleitete AS eine sehr vernünftige Therapieoption ist, die viele Operationen, viele Nebenwirkungen, sehr viel Leid bei den Betroffenen und unendlich viel Geld ersparen kann.
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Versuch einer Strukturierung des AS-Themas
Der Automatismus „Krebsdiagnose = schnellstmögliche Radikaloperation“ – also der derzeitige „Goldstandard“ in der Urologie – muss beendet werden. Die OP muss reduziert werden zu einer von vielen Therapieoptionen, die angesichts der Schwere des Eingriffs und seiner möglichen Nebenwirkungen eine gezielt getroffene Entscheidung sein muss, nachdem andere Therapieverfahren bewusst ausgeschlossen wurden. Eine routinemäßige, oft genug noch in der Krebsdiagnose-Schocksituation des Patienten unter Hinweis auf den tödlichen Verlauf von Prostatakrebs erfolgende RPE-Empfehlung („Raus mit dem Ding, und in 3 Monaten haben Sie alles vergessen!“) muss der Vergangenheit angehören – sie ist für mich persönlich so etwas wie Beihilfe zur Körperverletzung.
Ich fühle mich in meiner Grundhaltung bestätigt durch den aktuellen Vorsitzenden der Deutschen Gesellschaft für Urologie (DGU), Prof. Dr. Reinhold Horsch, der im September 2008 auf dem DGU-Kongress u.a. sagte:
„Die Urologie stand lange unter dem Einfluss der konservativen Chirurgie. Seit Ende der 80er Jahre des letzten Jahrhunderts wird unser Fachgebiet sehr stark durch die Medizintechnik geprägt…
Doch haben wir über viele Jahre hinweg vorwiegend diese operative Kompetenz, die unzweifelhaft ist, in den Vordergrund gestellt…“
Prof. Dr. Horsch ist, auch gerade in seiner Funktion als DGU-Präsident, sicher unverdächtig, seine Zunft in ein falsches Licht zu rücken. Insofern ist es in der Tat allerhöchste Zeit, die OP-Fixierung der Urologie aufzubrechen.
Und dies gilt umso mehr, wenn die Früherkennung dank PSA-Screening zunimmt, weil dann immer mehr Frühphasen-PK’s erkannt werden und es m.E. absolut unverantwortlich wäre, die alle nach der Methode 08/15 zur OP zu schicken.
Oder um mit den Worten des Urologen Lars zu sprechen:
„Nur weil etwas Unschönes da ist, muss ich es noch lange nicht entfernen.“
3. Die Schwierigkeiten
Die erste Schwierigkeit bei der Erreichung meiner Ziele:
Hierzu unten mehr…
Die zweite Schwierigkeit:
Auch dazu unten mehr…
Und drittens, und das ist oft die entscheidende Frage:
Diese Frage muss der Betroffene vor allem mit sich selbst, aber auch mit seiner Familie und vielleicht auch einem Psychologen diskutieren. Ich lebe seit über 4 Jahren mit meinem Untermieter – es geht mir physisch wie psychisch blendend dabei, und das Wissen, dass ich noch alle Optionen habe beruhigt mich ungemein (derzeit gehe ich übrigens davon aus, dass ich eine Brachy machen werde, wenn meine aktive Überwachung Alarmsignale ergeben sollte).
4. Die „Eignungs-Kriterien“ für AS
Vorab zwei Bemerkungen:
Nach den Diskussionen hier im Thread sieht meine persönliche „Eignungsprüfung“ für AS wie folgt aus:
Soweit meine persönliche Auswahl an „Eignungskriterien“ für eine Entscheidung „pro AS“. Bei einigen Kriterien (Anzahl positiver Stanzen, Anteil Tumorgewebe) bin ich sogar etwas vorsichtiger als Bonkhoff – siehe obiger Link).
Ein wichtiger abschließender Hinweis: Absolut entscheidend ist ein stimmiges Gesamtbild aller wichtigen Parameter. Um wieder Lars zu zitieren:
„Spricht ein „Hilfs“-Parameter, z.B. eine kurze PSA-Verdopplungszeit, gegen AS und die DNA-Zyto für AS, würde ich meinem Patienten immer zur Intervention raten und von einer AS abraten.“
Dem ist zuzustimmen, sofern es keine anderen Gründe für den PSA-Anstieg gibt (z.B. Prostatitis).
5. Änderung der Lebensführung
Hierzu möchte ich nur wenig sagen, weil das ein extrem weites Feld ist. Sicher erscheint allerdings zu sein, dass fast alle Männer nach einer PK-Diagnose Vieles in ihrem Leben umstellen müssen.
Stichworte sind hier Ernährungsumstellung, Stärkung des Immunsystems, Herstellung eines seelischen Gleichgewichts, gezielte Zuführung sinnvoller Nahrungsergänzungsmittel, gezielte angiostatische Maßnahmen u.ä.
Zu jedem dieser und anderer Lebensführungsaspekte gibt es Dutzende, wenn nicht Hinderte von Philosophien, Büchern etc. Da kann und will ich nichts zu sagen, denn das ginge weit über meinen Wissenshorizont hinaus. Hier muss sich jeder Betroffene (und nicht nur, wenn er AS wählt) entscheiden, wie er seinen Körper bei der anstrengenden Arbeit der Tumorbekämpfung unterstützt.
6. Die Verlaufskontrolle
Hat man sich für AS entschieden, ist die Verlaufskontrolle des Tumors von entscheidender Bedeutung, denn wir reden von Aktiver Überwachung (Active Surveillance = AS), und nicht von Aufmerksamem Abwarten (Watchful Waiting = WW).
Bei Bonkhoff findet sich hierzu:
Ich persönliche halte nichts von ständigen Stanzbiopsien, die auch Bonkhoff als „Eingriff“ sieht. Er hält sie dennoch für sinnvoll und schreibt dazu:
„Das Risiko einer Übertherapie bei einer günstigen Ausgangssituation und die Risiken von bleibenden Nebenwirkungen durch eine definitive Therapie sind jedoch höher einzustufen als die einer Rebiopsie.“
Wie oft man sonstige Untersuchungen macht und Werte erheben lässt, ist der Vorsichtigkeit des Einzelnen überlassen... Soweit mein Versuch, etwas Strukturiertes zur mir am Herzen liegenden AS-Therapieform zu schreiben...
Ich wünsche allen Mitstreitern alles Gute und grüße herzlich aus Wiesbaden
Schorschel
Die Gründe, meine AS zu beenden, waren die folgenden:
- Die Benigne Hyperplasie (BHP) meiner Prostata nervte mich zusehends. Bei mir hatte sich eine Art Prostata-Míttellappen ausgebildet, der von unten in die Blase drückte und dort für ständigen signifikanten Restharn sorgte.
- Der "Restharn-Sumpf" unten in meiner Blase war ein extrem guter Nährboden für Bakterien, was mich sehr entzündungsanfällig machte.
- Sich verhärtende Ablagerungen im "Sumpf", die dann immer mal wieder in die Prostata geschwemmt wurden, führten dort zu mechanischen Reizen und manchmal zu Hämatospermie (Blut im Ejakulat).
- All das brachte mir einen sehr unruhigen Blasen-Prostata-Bereich ein und führte selbst unter Avodart (habe ich ca. 2 Jahre lang genommen) zu PSA-Werten zwischen 6 und 8, gleichbedeutend mit "normalen" Werten von 12 bis 16 ohne Hormontabletten.
- Im Ergebnis hatte ich eine chronische Prostatitis, was bei meinen diversen Biopsien immer wieder bestätigt wurde.
All dies war ich dann Mitte d.J. leid und ließ mal wieder eine Stanzbiopsie machen (elastografie-gestützt = super!!), als Kontrolle, ob die hohen PSA-Werte nicht eventuell andere Ursachen haben. Alle 14 Stanzen (bei einer 35ml Prostata nicht gerade wenig) waren negativ - ich habe darüber berichtet.
Damit stand mein Entschluss zur TURP.
Diese ist sehr gut gelaufen, auch wenn ich die Schwere des Eingriffs unterschätzt habe (mein Ausdruck neulich - "Lappalie" - war völlig unpassend, auch wenn ich ihn nur im Vergleich zur RPE gebraucht hatte). Das Ganze ist eine vollwertige OP, denn die Prostata ist natürlich nach der Ausschälung eine einzige Wunde, die erst einmal abheilen muss usw.usw. Dennoch: Alles in allem sehr erträglich, wenn auch nicht wirklich vergnügungssteuerpflichtig.
Per heute geht es mir richtig gut: Schmerzfrei, kontinent, erektionsfähig, voll miktionsfähig (wunderbarer scharfer Strahl - hatte ich schon lange nicht mehr :-)) !!!
Bei der Pathologie wurden im ersten Grob-Durchlauf keine Krebszellen gefunden. Ich überlege, ob ich auch da eine Zweitbegutachtung machen lassen sollte.
Meine Schlussfolgerungen aus meinem heutigen Status:
- Meine Entscheidung für AS war richtig, auch das Durchhalten über 8 Jahre.
- Mein Therapie-Mix, einschl. vor allem die AHIT-Therapie, haben meinen Körper und mein Immunsystem in die Lage versetzt, meinen nicht zu unterschätzenden Ausgangs-PK in den Griff zu bekommen.
- Ich kann nur empfehlen, dass die Urologie sich für AS genauso öffnet wie die Leitlinie dies getan hat.
- Eine verantwortungsbewusste, ärtzlich begleitete AS ist eine hochvalide Therapieoption, die anstelle der leider immer noch gängigen Übertherapie-Reflexe sehr vieler Urologen treten sollte.
- Eine gute AS erspart unendlich viele Operationen mit all ihrem Leid, ihren oft katastrophalen Nebenwirkungen, den exorbitanten Kosten für das Gesundheitssystem und den enormen volkswirtschaftlichen Schaden durch Krankheits- und Rehazeiten - von den Folgekosten durch die Nebenwirkungen überflüssiger Operationen mal ganz zu schweigen.
- Eine gute AS lässt für den Betroffenen sämtliche kurativ intendierten Optionen offen und sorgt dafür, dass rechtzeitig "umgeschaltet" wird.
Ich kann natürlich nicht ausschließen, dass bei einer Zweitbegutachtung noch Krebszellen gefunden werden oder dass irgendwo im Restgewebe unmittelbar an der Kapsel noch etwas sitzt. Insofern werde ich meine PSA-Werte noch eine Weile unter Beobachtung halten.
Zunächst aber betrachte ich das Prostatakrebs als für mich erledigt. Daher habe ich diesen Bericht auch "Schlussbericht" genannt.
Ich werde jetzt nicht mehr oft im Forum sein, stehe aber allen Interessierten gerne per PN zur Verfügung. Etwaige Kommentare/Fragen bzgl. meines heutigen Schlussberichts werde ich natürlich noch zeitnah beantworten.
Allen Betroffenen wünsche ich von Herzen alles Gute!!!
Schorschel
P.S.: Hier unten findet Ihr meinen Beitrag aus dem Februar 2009, der m.E. heute immer noch aktuell ist,
zum Thema AS und die Kriterien dafür.
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Den nachfolgenden "Versuch" habe ich im Februar 2009 formuliert. Er zeigt auf, was mich bei meiner AS-Entscheidung geleitet hat. Ich halte meine Aufstellung auch heute noch für aktuell. Auch die Leitlinie ist inzwischen offener für AS und versucht, Übertherapie zu vermeiden.
Ich bin unverändert der Meinung, dass eine verantwortgsbewusste, ärztlich begleitete AS eine sehr vernünftige Therapieoption ist, die viele Operationen, viele Nebenwirkungen, sehr viel Leid bei den Betroffenen und unendlich viel Geld ersparen kann.
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Versuch einer Strukturierung des AS-Themas
Liebe Mitstreiter!
... Ich möchte, basierend auf dem Input hier im Forum, meinen eigenen Erfahrungen und auch den AS-Ausführungen von Prof. Bonkhoff (http://www.prostapath.org/deutsch/d-warten-einleitung.html), auf die ich ausdrücklich verweise, ein Entscheidungsraster anbieten, anhand dessen Neubetroffene prüfen können, ob bei ihnen die Voraussetzungen für AS vorliegen.
1. Meine Ausgangsthese
Wie sinngemäß bereits geschrieben, gehe ich – basierend auf meinem sicher nicht einmaligen Fall – von folgendem aus:
Es gibt Jahr für Jahr ein paar Tausend, vielleicht sogar Zehntausend neudiagnostizierte Schorschels (bezogen auf das Krankheitsstadium, denn ansonsten bin ich natürlich einmalig! :-)) ) ...
...die meinen Weg gehen könnten,
...sich damit viele Jahre (vielleicht sogar den kompletten Rest ihres Lebens!!) uneingeschränkte Lebensqualität sichern können,
...ohne eine einzige Therapieoption aufzugeben,
...sich selbst und ihren Familien sehr viel Leid ersparen
…und obendrein das Gesundheitssystem finanziell erheblich entlasten.
2. Meine Ziele
Mein Ziel ist es,
... Ich möchte, basierend auf dem Input hier im Forum, meinen eigenen Erfahrungen und auch den AS-Ausführungen von Prof. Bonkhoff (http://www.prostapath.org/deutsch/d-warten-einleitung.html), auf die ich ausdrücklich verweise, ein Entscheidungsraster anbieten, anhand dessen Neubetroffene prüfen können, ob bei ihnen die Voraussetzungen für AS vorliegen.
1. Meine Ausgangsthese
Wie sinngemäß bereits geschrieben, gehe ich – basierend auf meinem sicher nicht einmaligen Fall – von folgendem aus:
Es gibt Jahr für Jahr ein paar Tausend, vielleicht sogar Zehntausend neudiagnostizierte Schorschels (bezogen auf das Krankheitsstadium, denn ansonsten bin ich natürlich einmalig! :-)) ) ...
...die meinen Weg gehen könnten,
...sich damit viele Jahre (vielleicht sogar den kompletten Rest ihres Lebens!!) uneingeschränkte Lebensqualität sichern können,
...ohne eine einzige Therapieoption aufzugeben,
...sich selbst und ihren Familien sehr viel Leid ersparen
…und obendrein das Gesundheitssystem finanziell erheblich entlasten.
2. Meine Ziele
Mein Ziel ist es,
- möglichst viele Neubetroffene zu ermutigen, alle entscheidungsrelevanten Diagnostik-Optionen wahrzunehmen (laut Urologe Dr. Bliemeister wird dies bis zu 80% der Neubetroffenen vorenthalten),
- den enorm hohen Anteil an übertherapierten Neubetroffenen zu senken (laut Urologe Lars geht die Schulmedizin in 70% der Fälle von einer Übertherapie aus; in Klartext: Tausende von überflüssigen Prostatektomien, und das Jahr für Jahr!),
- diesen Neubetroffenen statt einer übereilten radikalen Therapie mit all ihren möglichen Nebenwirkungen Kriterien für eine Entscheidung für AS an die Hand zu geben,
- sich gleichzeitig aber absolut sämtliche Optionen einer radikalen Therapie zu erhalten und erst aus gegebenem Anlass von AS auf eine solche Therapie umzusteigen.
Der Automatismus „Krebsdiagnose = schnellstmögliche Radikaloperation“ – also der derzeitige „Goldstandard“ in der Urologie – muss beendet werden. Die OP muss reduziert werden zu einer von vielen Therapieoptionen, die angesichts der Schwere des Eingriffs und seiner möglichen Nebenwirkungen eine gezielt getroffene Entscheidung sein muss, nachdem andere Therapieverfahren bewusst ausgeschlossen wurden. Eine routinemäßige, oft genug noch in der Krebsdiagnose-Schocksituation des Patienten unter Hinweis auf den tödlichen Verlauf von Prostatakrebs erfolgende RPE-Empfehlung („Raus mit dem Ding, und in 3 Monaten haben Sie alles vergessen!“) muss der Vergangenheit angehören – sie ist für mich persönlich so etwas wie Beihilfe zur Körperverletzung.
Ich fühle mich in meiner Grundhaltung bestätigt durch den aktuellen Vorsitzenden der Deutschen Gesellschaft für Urologie (DGU), Prof. Dr. Reinhold Horsch, der im September 2008 auf dem DGU-Kongress u.a. sagte:
„Die Urologie stand lange unter dem Einfluss der konservativen Chirurgie. Seit Ende der 80er Jahre des letzten Jahrhunderts wird unser Fachgebiet sehr stark durch die Medizintechnik geprägt…
Doch haben wir über viele Jahre hinweg vorwiegend diese operative Kompetenz, die unzweifelhaft ist, in den Vordergrund gestellt…“
Prof. Dr. Horsch ist, auch gerade in seiner Funktion als DGU-Präsident, sicher unverdächtig, seine Zunft in ein falsches Licht zu rücken. Insofern ist es in der Tat allerhöchste Zeit, die OP-Fixierung der Urologie aufzubrechen.
Und dies gilt umso mehr, wenn die Früherkennung dank PSA-Screening zunimmt, weil dann immer mehr Frühphasen-PK’s erkannt werden und es m.E. absolut unverantwortlich wäre, die alle nach der Methode 08/15 zur OP zu schicken.
Oder um mit den Worten des Urologen Lars zu sprechen:
„Nur weil etwas Unschönes da ist, muss ich es noch lange nicht entfernen.“
3. Die Schwierigkeiten
Die erste Schwierigkeit bei der Erreichung meiner Ziele:
- Welche Voraussetzungen rechtfertigen AS anstelle einer zügig eingeleiteten radikalen Therapie?
Hierzu unten mehr…
Die zweite Schwierigkeit:
- Ist der Betroffene – bei Eignung für AS – willens und bereit, seine Lebensweise erforderlichenfalls deutlich umzustellen?
Auch dazu unten mehr…
Und drittens, und das ist oft die entscheidende Frage:
- Ist der Betroffene psychisch in der Lage, mit dem Gedanken zu leben, einen Tumor in sich zu tragen, der bis auf Weiteres in seinem Körper verbleibt?
Diese Frage muss der Betroffene vor allem mit sich selbst, aber auch mit seiner Familie und vielleicht auch einem Psychologen diskutieren. Ich lebe seit über 4 Jahren mit meinem Untermieter – es geht mir physisch wie psychisch blendend dabei, und das Wissen, dass ich noch alle Optionen habe beruhigt mich ungemein (derzeit gehe ich übrigens davon aus, dass ich eine Brachy machen werde, wenn meine aktive Überwachung Alarmsignale ergeben sollte).
4. Die „Eignungs-Kriterien“ für AS
Vorab zwei Bemerkungen:
- Ich bin weder Arzt, noch – im Vergleich mit einer ganzen Reihe anderer Forumsmitglieder – wirklicher PK-Profi. Die nachfolgenden Kriterien sind meine persönliche Stoffsammlung aus eigener Erfahrung und hier im Forum angelesenen Punkten.
- Egal wie sorgfältig man diagnostiziert: Es bleibt immer ein Restrisiko, ob sich in der geliebten Prostata nicht doch an irgendeiner Stelle etwas entwickelt, was dem Diagnostik- und/oder späterem Überwachungsraster entgangen ist oder entgehen wird. Das Risiko mag so klein sein, wie es will – es ist da; und es ist immer eine individuelle Güterabwägung, ob man die aus einem Restrisiko möglicherweise resultierenden Gefahren höher gewichtet als die Chance auf viele Jahre oder vielleicht sogar das ganze Leben mit uneingeschränkter Lebensqualität.
Nach den Diskussionen hier im Thread sieht meine persönliche „Eignungsprüfung“ für AS wie folgt aus:
- Gleason-Score max. 3+3 oder 3+4
- Max. 2 von mindestens 10 – 12 Stanzen positiv, mit einem Tumoranteil von höchstens 30%
- Ploidie nach DNAS-Zytometrie: max. perodiploid
- Proliferationsfraktion <5%
- PSA-Wert <10
- PSA-Dichte < 0,15 (PSA : Prostatavolumen)
- PSA-Verdopplungszeit > 3 Jahre
- Keine auffällige PSA-Dynamik
- Mit den anderen Parametern korrelierende Bildgebungs-Ergebnisse (idealerweise Elastografie, TRUS mit Farbdoppler oder MRT mit rektaler Spule und Spektroskopie)
- Eher „ungefährliche“ Lage des Tumors (keine Kapselinfiltration oder sehr kapselnahe Lage)
- CGA und andere Biomarker unauffällig (siehe auch Bonkhoff: http://www.prostapath.org/deutsch/d-warten-einleitung.html)
Soweit meine persönliche Auswahl an „Eignungskriterien“ für eine Entscheidung „pro AS“. Bei einigen Kriterien (Anzahl positiver Stanzen, Anteil Tumorgewebe) bin ich sogar etwas vorsichtiger als Bonkhoff – siehe obiger Link).
Ein wichtiger abschließender Hinweis: Absolut entscheidend ist ein stimmiges Gesamtbild aller wichtigen Parameter. Um wieder Lars zu zitieren:
„Spricht ein „Hilfs“-Parameter, z.B. eine kurze PSA-Verdopplungszeit, gegen AS und die DNA-Zyto für AS, würde ich meinem Patienten immer zur Intervention raten und von einer AS abraten.“
Dem ist zuzustimmen, sofern es keine anderen Gründe für den PSA-Anstieg gibt (z.B. Prostatitis).
5. Änderung der Lebensführung
Hierzu möchte ich nur wenig sagen, weil das ein extrem weites Feld ist. Sicher erscheint allerdings zu sein, dass fast alle Männer nach einer PK-Diagnose Vieles in ihrem Leben umstellen müssen.
Stichworte sind hier Ernährungsumstellung, Stärkung des Immunsystems, Herstellung eines seelischen Gleichgewichts, gezielte Zuführung sinnvoller Nahrungsergänzungsmittel, gezielte angiostatische Maßnahmen u.ä.
Zu jedem dieser und anderer Lebensführungsaspekte gibt es Dutzende, wenn nicht Hinderte von Philosophien, Büchern etc. Da kann und will ich nichts zu sagen, denn das ginge weit über meinen Wissenshorizont hinaus. Hier muss sich jeder Betroffene (und nicht nur, wenn er AS wählt) entscheiden, wie er seinen Körper bei der anstrengenden Arbeit der Tumorbekämpfung unterstützt.
6. Die Verlaufskontrolle
Hat man sich für AS entschieden, ist die Verlaufskontrolle des Tumors von entscheidender Bedeutung, denn wir reden von Aktiver Überwachung (Active Surveillance = AS), und nicht von Aufmerksamem Abwarten (Watchful Waiting = WW).
Bei Bonkhoff findet sich hierzu:
- PSA und rektale Untersuchung alle 3 Monate während der ersten zwei Jahre
- Danach die gleiche Untersuchungen alle 6 Monate
- Stanzbiopsien (10-12 Stanzen) nach dem ersten Jahr
- Weitere Stanzbiopsien (10-12 Stanzen) alle 3-5 Jahre
Ich persönliche halte nichts von ständigen Stanzbiopsien, die auch Bonkhoff als „Eingriff“ sieht. Er hält sie dennoch für sinnvoll und schreibt dazu:
„Das Risiko einer Übertherapie bei einer günstigen Ausgangssituation und die Risiken von bleibenden Nebenwirkungen durch eine definitive Therapie sind jedoch höher einzustufen als die einer Rebiopsie.“
Wie oft man sonstige Untersuchungen macht und Werte erheben lässt, ist der Vorsichtigkeit des Einzelnen überlassen... Soweit mein Versuch, etwas Strukturiertes zur mir am Herzen liegenden AS-Therapieform zu schreiben...
Ich wünsche allen Mitstreitern alles Gute und grüße herzlich aus Wiesbaden
Schorschel
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