Zitat von buschreiter
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20% der Männer mit ähnlicher Diagnose wie Peruzzi haben binnen 5 Jahren nach RPE ein Rezidiv, weitere 12% in den nächsten 5 Jahren, so daß gut 2/3 nach 10 Jahren als geheilt gelten (aber es gibt auch danach kontinuierlich weiter Rezidive). Berechnet gemäß https://www.mskcc.org/nomograms/prostate/pre_op
Bei knapp 1/3 hat die Behandlung versagt. Sie haben im Mittel 4 Jahre mit den Nebenwirkungen gelebt und müssen sich danach einer Salvagetherapie unterziehen (typischerweise zuerst Bestrahlung).
Man sollte annehmen, dass alle Urologen eifrig bemüht sind, bessere Alternativen zu finden und auszuprobieren. Stattdessen wird der Status zementiert, indem man AS für die leichten Fälle anbietet, denn dort ist offensichtlich, dass die RPE eine Übertherapie ist. Ansonsten wird weiter gemacht wie bisher.
Bei einem hypothetischen Hochrisikofall mit PSA=15, cT2c, Gleason 4+4, 8 von 12 Stanzen befallen, erleiden 68% binnen 5 Jahren ein Rezidiv, weitere 12% in den nächsten 10 Jahren. Nur 1/5 gilt nach 10 Jahren als geheilt.
Soweit, so schlecht. Wenn es keine Alternativen gibt, muß man das halt durchlaufen, denn Nichtstun ist gefährlich - wie sagt Ralf: "Aber einen behandlungsbedürftigen Prostatakrebs nicht zu behandeln verursacht noch viel mehr und ganz andere Nebenwirkungen". Gemeint sind hier nicht Nebenwirkungen, sondern die Folgen eines ungehinderten Wachstums des PCa.
Da stimme ich voll zu. Nur welche Behandlung ist gemeint?
Mal abgesehen davon, dass für bestimmte Patientengruppen inzwischen andere Therapien angeboten werden: Nicht die allgemeinen Krankheitsfolgen sind aus schulmedizinischer Sicht die Meßlatte für den Erfolg, sondern das Gesamtüberleben. Und da gibt es einen kleinen Vorteil für RPE bei jüngeren Patienten, verglichen mit sofortiger ADT als alleiniger Therapie. Dieser Vorteil konnte allerdings für die leichten und leicht/mittleren Fälle nicht bestätigt werden. Und viele der schweren Fälle werden danach noch bestrahlt und machen ADT - so mancher Strahlenprofessor meint dann: "wären Sie doch gleich zu mir gekommen". Ob da die RPE vorher das Gesamtüberleben verlängert ist umstritten, vor allem ist völlig unklar, bei wem. Besonders ärgerlich, wenn aufgrund unzureichender Primärdiagnostik ein "Upgrade" durch den Befund nach der RPE erfolgt.
Rein onkologisch ist die Ersttherapie daher nicht so eindeutig definiert wie uns das die Leitlinien glauben machen wollen. Der Grund ist ziemlich sicher, dass niemand bisher weiß, warum und wie genau eine Metastasierung erfolgt - sie ist offenbar häufig schon vor der Ersttherapie angelegt und wird von dieser natürlich nicht mehr beeinflußt. Und natürlich erschwert die langsame Progression beim PCa zusammen mit dem höheren Alter der Erkrankten zuverlässige Studienergebnisse: Studien müssen sehr lange laufen, und in dem Zeitraum sterben die meisten Männer an etwas Anderem.
Ich schreibe bewußt "aus schulmedizinischer Sicht", denn aus Patientensicht multipliziert sich jeder Überlebenstag mit der aktuellen Lebensqualität (die teilweise objektiv gemessen werden kann und teilweise subjektiv ist). RPE, externe Bestrahlung, ADT, Brachy, usw. haben jeweils deutlich verschiedene Auswirkungen auf die Lebensqualität. Wenn der Überlebensvorteil nicht zuverlässig ist finde ich es ganz natürlich, dass man Therapien entsprechend bewertet.
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