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Prostatakrebs oder unverhofft kommt oft...ein Neuer stellt sich vor

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    Prostatakrebs oder unverhofft kommt oft...ein Neuer stellt sich vor

    Guten Morgen,


    ich bin seit Anfang des Jahres interessierter Mitleser und möchte mich kurz vorstellen:


    Mein Name ist Wolfgang, ich bin 57 Jahre alt und lebe in der Nähe von Düsseldorf.


    Seit 2013 gehe ich regelmäßig zur Prostata Vorsorge. Untersucht wurde ich bisher vom
    Chefarzt der Urologie einer großen Klinik, welcher gleichzeitig ein Golffreund ist.


    Ultraschalluntersuchung sowie Tastbefunde waren ausnahmslos ohne Befund.


    Mein PSA-Verlauf sieht wie folgt aus:


    03/2011 - 1,15
    05/2013 - 1,65
    04/2015 - 2,05
    07/2016 - 2,90
    06/2018 - 3,15
    09/2019 - 4,50


    Meine Prostata hatte sich in diesen 8 Jahren von 32ml auf 60ml vergrößert. Einen gewissen Teil des Anstiegs führte mein Urologe darauf zurück.


    Nach der Untersuchung im September 2019 empfahl er mir ein MRT. Was ich bis dahin nicht wusste ist, dass MRT nicht gleich MRT ist.
    Mit anderen Worten: ich habe im Oktober 2019 ein MRT mit 1,5 Tesla machen lassen.


    Ergebnis war eine suspekte Läsion peripher links 9x5mm und Einstufung mit PIRADS 3 und dem Hinweis, in 6-9 Monaten ein Kontroll-MRT zu machen.


    Dieses wurde dann im August 2020 gemacht mit dem Ergebnis, dass die zuvor gesehene Diffusionsstörung nicht mehr signifikant war und daher auf PIRADS 2 zurückgestuft wurde.


    Mein Freund in der Klinik sah keine Veranlassung für weitere Untersuchungen; Kontrolle daher wieder ein Jahr später.


    Im Oktober 2021 lag mein PSA dann bei 6,0 und er wollte eine Stanzbiopsie machen. Auch hier kannte ich den feinen Unterschied einer „blinden“ und einer MRT gesteuerten Biopsie nicht.
    Ergebnis der 8 Stanzungen: alle 8 Stanzen tumorfrei. Warum nur 8 Stanzen gemacht wurden kann ich bis heute nicht nachvollziehen, war aber froh das „nix war“.


    Im November 2022 lag mein PSA dann bei 8,70 und er wollte nochmal biopsieren. Zu diesem Zeitpunkt habe ich angefangen mich mal selbst intensiv mit dem Thema zu beschäftigen. Als selbstständiger Unternehmer habe ich (leider) immer wieder feststellen müssen, dass es gut ist sich selbst zu kümmern, denn man hat immer selbst das größte Interesse ein Problem zu lösen, Experten hin oder her.


    Ich habe dann relativ schnell festgestellt, dass ein mpMRT deutlich besser ist und einen Termin für Anfang Dezember gemacht. Ergebnis: eine suspekte Läsion peripher links (kennen wir schon) 10x11x6mm, 0,3ml, mit Einstufung PIRADS 4 und eine in der rechten transitionalen Zone 17x14x12mm, 1,4ml, mit Einstufung PIRADS 5.


    Auf meine Nachfrage, ob diese denn vorher nicht zu sehen war, hat er mir die Bilder vergleichend nebeneinander gelegt und ich konnte den Qualitätsunterschied zwischen dem alten und dem neuen MRT auch als Laie deutlich erkennen. Die Läsion
    der transitionalen Zone war auch bereits seit 2019 zu sehen, aber der Radiologe hatte diese nicht befundet.


    Termin zur MRT-gesteuerten Fusionsbiopsie eine Woche später. 10 Stanzen systematisch und jeweils 2 Stanzen gezielt in die suspekten Areale.

    Ergebnis:


    Gezielt transitional rechts Mitte: azinäres Adenokarzinom „foamy gland“ Gleason 7a (60% 3/40% 4), Stanzlänge 15mm, Tumorausdehnung 5mm.

    Gezielt transitional rechts Mitte: azinäres Adenokarzinom Gleason 7a (70% 3/30% 4), Stanzlänge 10mm, Tumorausdehnung 3,7mm.

    Gezielt peripher links Mitte: Gleason 7a (60% 3/40% 4), Stanzlänge 20mm, Tumorausdehnung 0,9mm und in der 2. Stanze 21mm Länge, Tumorausdehnung 1,6mm.

    Systematisch peripher links apikal: azinäres Adenokarzinom Gleason 7b (60% 4/40% 3), Stanzlänge 20mm, Tumorausdehnung 5,8mm.

    Systematisch peripher links apikal: azinäres Adenokarzinom, Gleason 7b (70% 4/30% 3), Perineuralscheideninfiltration, Stanzlänge 21mm, Tumorausdehung 4,6mm


    Alle anderen Stanzungen waren tumorfrei.


    Das war dann schon eine gewisse Überraschung, zumal vorher nichts gefunden wurde und nun zusätzlich noch – entgegen des MRTs – ein Tumor apikal links hinzukam.


    Ich will meinen ersten Bericht hier nicht zu sehr ausdehnen, daher kurz zusammengefasst:


    Ich habe durch mein Golfspiel einige gute Kontakte zu Ärzten und habe mich intensiv mit Urologen und Strahlentherapeuten austauschen können. Glück für mich:
    alle diese Ärzte haben aufgrund großer Entfernungen (zum Teil im Ausland) keine wirtschaftlichen Interessen, sondern beraten mich so, als wäre ich ein „Familienmitglied“.


    Interessant war für mich, dass auch der Strahlentherapeut eine OP vorgeschlagen hat. Er meinte, mein Befund sei zwar kein „Haustierkrebs“, aber ich habe eine geringe Tumorlast und durch eine OP
    die Möglichkeit wirklich kurativ behandelt zu werden.


    Ich hatte zwischenzeitlich noch, zu meiner eigenen Beruhigung, ein PSMA PET/CT machen lassen und hier leuchteten exakt die Stellen, welche in der Biopsie karzinomhaltig waren.
    Kein Hinweis auf Kapselinfiltration bzw. Durchbruch, kein lokoregionäres Geschehen, keine pathologisch veränderten Lymphknoten und keinerlei Hinweis auf Metastasen.


    Insofern wäre eine nervenschonende da Vinci OP für mich sehr gut geeignet. Aufgrund meiner körperlichen Konstitution, könnten die funktionellen Einschränkungen begrenzt sein.
    Natürlich alles im Konjunktiv, da klinischer Befund immer vor Bildbefund geht und abweichend sein kann.


    Eine Bestrahlung hätte aber in jedem Fall Nebenwirkungen und ggf. Spätfolgen, auch wenn dies nicht immer so deutlich publiziert wird. Außerdem wäre eine ggf. notwendige Salvage-OP nach
    Rezidiv eine "Vollkatastrophe" (O-Ton meines befreundeten Strahlentherapeuten).


    Alle Urologen mit denen ich gesprochen habe, kamen zum gleichen Ergebnis.


    Von Anfang an war klar, dass nur Gronau oder Hamburg infrage kommen. Bei beiden hatte ich bereits Gespräche und mich nun für die Martini-Klinik entschieden. Zweifelsohne top Chirurgen,
    wobei die Realität etwas anders aussieht als die marketingstarke und hochglänzende Website vermuten lässt.


    Aber Ambiente ist das eine, Qualität der Operateure das andere.


    Ob es am Ende die richtige Entscheidung war wird sich zeigen. Genauso ob ich, trotz der relativ guten Ausgangslage, rezidivfrei bleiben werde. Aber ich gehe zumindest mit Überzeugung in die Therapie und hadere nicht rum.


    Ich habe im Verlauf der letzten Wochen festgestellt, dass einen eine solche Diagnose auch psychisch
    ganz schön belasten kann, vor allem, wenn man nicht weiß wie man sich entscheiden soll.

    Obwohl ich aufgrund meines Verlaufs weiß, dass der Krebs bereits seit Jahren langsam gewachsen ist, habe ich seit der endgültigen Diagnose das Gefühl, der Tumor springt mir gleich ins Hirn.
    Bei jedem Zucken im Rücken denke ich gleich „Metastase“. Völliger Unsinn, aber schon sehr nervend (und nicht nervschonend 😊 ).


    Mein OP-Termin ist nun Anfang März, da der Professor meinte ich sei kein Notfall und in den nächsten 6 Wochen würde jetzt nicht mehr viel passieren.


    Ich hoffe er hat Recht. Obwohl ich hier viel von deutlich schlechteren Ausgangslagen gelesen habe,
    bin auch ich einfach froh wenn das Ding raus ist!


    Bitte betrachtet diesen Bericht einfach als Vorstellung eines „Neuen“ und als Dank dafür, dass ich hier so viel interessantes und hilfreiches lesen durfte.


    Herzliche Grüße
    Wolfgang

    #2
    Hallo Wolfgang,

    du hast dich so gut in deine Situation eingearbeitet, wie kaum ein Zweiter. M. E. machst du alles richtig. Hamburg und Gronau sind 2 Top-Adressen. Fang bitte bereits jetzt mit dem Kontinenz-Training an. Alles Gute. Wir sind gespannt auf deinen weiteren Bericht.

    WernerE

    Kommentar


      #3
      Wolfgang, alternativ zur RP könntest du Brachy- oder IRE in Betracht ziehen.

      Brachy konzentriert die Bestrahlung besser auf die Prostata, als das rein von Aussen möglich ist.

      IRE tötet den Tumor auf verhältnismäßig schonende Weise und erhält dir alle Optionen, inklusive RP oder Bestrahlung im Falle eines Rezidivs.

      Wenn du die RP wählst, sei dur bewusst, dass diese ein schwerer Einschnitt ist. Im wahrsten Sinne des Wortes. Wenn du mit der nervschonenden OP Glück hast, bleiben 60% der Erektionsfähigkeit erhalten und du bist mit leichten Abstrichen kontinent. Erheblich schlechtere Ergebnisse sind nicht ungewöhnlich.

      Dein Befund sollte behandelt werden, aber überleg dir nochmal, ob du mit den Folgen der OP glücklich wirst.

      Gruß Karl
      Nur der Wechsel ist bestaendig.

      Kommentar


        #4
        Hallo Werner, hallo Karl,

        lieben Dank für Eure Beiträge!

        Karl, ich habe am Anfang auch den für mich "bequemsten" Weg gesucht. Hier waren HIFU, IRE, Cyberknife in der engeren Auswahl, aber nach wirklich intensiven Rechcherchen habe ich als Ersttherapie
        von allen Abstand genommen. Obwohl es bei mir "nur" 3 und überschaubare Tumore sind, ist mein Befund multifokal und eine fokale Therapie daher schwierig bis unmöglich bzw. final wenig erfolgversprechend.

        Die Versprechungen der IRE Anbieter (Ihr wisst, wen ich speziell meine) klingen verlockend. Ich habe aber neben den medizinischen Recherchen mir auch mal die Bilanzen und das juristische Verzeichnis über laufende
        und abgeschlossene Klagen angesehen und Dinge gefunden, die mir gar nicht gefallen haben. Ist vielleicht ein etwas ungewöhnlicher Weg der Recherche bei Prostatakrebs, aber ich schaue auch gerne nach rechts und links.

        Auch eine Bestrahlung - egal in welcher Form - lehne ich ab. Vielleicht liegt es auch daran, dass ich a) zu viele Bestrahlte mit gravierenden Problemen getroffen habe und b) mir der befreundete Strahlentherapeut Dinge
        berichtet hat, die in keiner Begleitbroschüre stehen.

        Glaub mir, auch wenn ich das Gefühl habe "meinen" Weg gefunden zu haben, leicht fällt mir dieser ganz und gar nicht und ich bin mir der möglichen Probleme sehr bewusst. Der Gedanke, "gefühlt" gesund operiert und dann mit
        Blasenkatheter neben mir aufzuwachen ist so absurd wie belastend. Dazu die Rückkehr zur Normalität hinsichtlich Kontinenz und Potenz zu erlangen, ohne Gewissheit zu haben dies auch zu schaffen, sorgt für schlaflose Nächte.

        Neben der IMRT habe ich mich auch mit hyperfraktionierten Behandlungen à la MR-Linac sowie Ionen/Protonen beschäftigt, am Ende alle mit demselben Ergebnis. Ich möchte mich einfach nicht in 10 Jahren mit irreversiblen Darm- oder
        anderen Problemen herumschlagen.

        Vielleicht ist der Eindruck entstanden ich hätte meine Entscheidung sehr konsequent und stringent getroffen, aber dieser gingen sehr intensive Überlegungen und schlaflose Nächte voraus...

        LG
        Wolfgang

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          #5
          Wolfgang, du schreibst: "Ich habe dann relativ schnell festgestellt, dass ein mpMRT deutlich besser ist und einen Termin für Anfang Dezember gemacht. "
          Alle deine MRT waren mpMRT, denn sie wurden nach PIRADS befundet. Ob 1,5T oder 3T spielt keine Rolle. Wichtiger sind die richtigen Einstellungen und ausreichend viele Bildserien. Auch eine Endorektalspule kann was bringen. Und die Kompetenz des Befunders ist wichtig.

          "
          Er meinte, mein Befund sei zwar kein „Haustierkrebs“, aber ich habe eine geringe Tumorlast und durch eine OP die Möglichkeit wirklich kurativ behandelt zu werden."
          Ein Haustierkrebs sollte mit Op nicht behandelt werden, das wäre Übertherapie. Geringe Tumorlast würde ich bei einem multifokalen 7b nicht sagen. Zur kurativen Absicht: ohne Zweifel "möglich" , nur wa sheißt das? Maßgebend sind hier die Partin-Tabellen der Johns Hopkins University: https://www.hopkinsmedicine.org/brady-urology-institute/conditions_and_treatments/prostate_cancer/risk_assessment_tools/partin-tables.html

          "Aufgrund meiner körperlichen Konstitution könnten die funktionellen Einschränkungen begrenzt sein."
          Wenn die Nerven weg sind oder nicht ausreichend "geschont" wurden hilft eine tolle Potenz vorher nichts. Eine jetzt gute Beckenbodenmuskulatur kann bei der Kontinenz danach immerhin helfen - nur wer weiß schon, ob er sie hat?

          "Alle Urologen mit denen ich gesprochen habe, kamen zum gleichen Ergebnis."
          Sie kennen seit Jahrezehnten nichts anderes als Stahl und Strahl (letzterem hat ihre Profession damals allerdings Jahrzehnte Widerstand Widerstand geleistet). So wird es geehrt und so steht es in der Leitlinie. "Bei jedem Zucken im Rücken denke ich gleich „Metastase“." Auch die Patienten wollen gerne glauben, dass alles gut ist, wenn das Ding "raus" ist.

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            #6
            Eine OP ist doch bei diesem Befund vollkommen ok. Gut wäre eine DaVinci robotergestütze OP, da bleiben kleinere Narben und man ist schneller wieder fit. Gronau macht das praktisch nur, in Hamburg wird beides gemacht.

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              #7
              Zitat von Wolfgang1965 Beitrag anzeigen
              Vielleicht ist der Eindruck entstanden ich hätte meine Entscheidung sehr konsequent und stringent getroffen, aber dieser gingen sehr intensive Überlegungen und schlaflose Nächte voraus...
              Wolfgang, dieser Eindruck ist keineswegs entstanden. Ich wollte trotzdem kurz darauf hinweisen, dass nicht alle Operierten mit dem Ergebnis voll zufrieden sind. Orgasmen funktionieren anschließend etwa wie ein Ottomotor ohne Kolben. Angesichts der Alternativen mag das die beste, aber eben trotzdem keine gute Variante sein. Aber du hast dich offensichtlich viel umfassender informiert, als ich vor meiner OP.

              Gruß Karl
              Nur der Wechsel ist bestaendig.

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                #8
                Auch eine Bestrahlung - egal in welcher Form - lehne ich ab. Vielleicht liegt es auch daran, dass ich a) zu viele Bestrahlte mit gravierenden Problemen getroffen habe und b) mir der befreundete Strahlentherapeut Dinge
                berichtet hat, die in keiner Begleitbroschüre stehen.
                Moin Wolfgang,

                schau dir trotzdem einmal diesen Bericht von AH-Harley an:
                Therapie-Wahl-Entscheidung - Seite 2 (prostatakrebs-bps.de)

                Hier der Zwischenbericht:
                Therapie-Wahl-Entscheidung - Seite 5 (prostatakrebs-bps.de)

                Ich wünsche dir alles Gute!

                Gruss
                hartmut
                http://de.myprostate.eu/?req=user&id=626&page=graphic

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                  #9
                  Hallo zusammen,

                  vielen Dank für Eure Beiträge!

                  Martin, Du bist ja mit IRE behandelt worden und - trotz Nachbehandlung und gewisser Nebenwirkungen - recht zufrieden damit. Das freut mich wirklich!!

                  Ich hatte auch zu beiden Kliniken bzw. Praxen in Deutschland Kontakt, also Offenbach und Heidelberg. Nachdem ich meine Befunde geschickt hatte, hat mir einer
                  definitv von IRE abgeraten und eine OP empfohlen, was ich sehr beindruckend fand und der andere wollte die Behandlung durchführen, was mich dann wieder stutzig gemacht hat und ich mir
                  daraufhin seine Bilanzen angesehen habe.

                  Ich formuliere es mal so: ich hätte mich liebend gerne fokal behandeln lassen, aber meine 3 Tumore an unterschiedlichen Stellen machen dies halt schwierig bis
                  unmöglich.

                  Ich habe mich auch intensiv mit den Leitlinien beschäftigt und am Anfang auch gedacht, "wie typisch innovationsfeindlich das denn wieder ist". Für alles werden ewig
                  laufende Studien erwartet, alles andere ist "experimentell". Als die erste Prostata-OP durchgeführt wurde gabe es auch keine 15-jährigen Studien. Aber im weiteren Verlauf musste ich (an-) erkennen,
                  dass dies alles seinen Grund hat, wenn auch nicht bis ins letzte Detail.

                  Aber wenn fokale Therapien in größerem Rahmen eingesetzt werden könnten, dann wären große Kliniken da deutlich aktiver um Geld zu verdienen, aber sie lassen es halt
                  oder wenden es nur an, wenn sie vom Erfolg überzeugt sind, das muss einem auch zu denken geben.

                  Wenn man selbst recherchiert und eine gewisse Erwartung bzw. Hoffnung hat, dann begeht man ganz gerne den sog. "Bestätigungsfehler". Man sucht also die Argumente,
                  die zu dem erhofften Ergebnis passen.

                  Dies habe ich versucht zu überwinden und mich der Realität gestellt. Ich formuliere es mal so:

                  Wenn ich 1.95m groß bin und 140kg wiege, dann kann ich noch soviel recherchieren, aber eine Karriere als
                  Skispringer wird schwierig...

                  Am Ende bin ich zu dem Schluss gekommen, dass die OP für mich die beste Wahl ist. Wobei ich mir der
                  Konsequenzen, in welcher Ausprägung auch immer, sehr bewusst bin und sich die "Begeisterung" sehr in Grenzen hält!!

                  Es ist sozusagen die Entscheidung für Cholera statt der Pest...

                  Aber Karl, soweit ich Deinen Bericht lese, war für Dich doch die vielleicht vorschnelle Wahl zur OP nicht die schlechteste
                  Entscheidung.

                  Hartmut, den Beitrag habe ich auch gelesen und hatte auch Kontakt zu Alfred, weil ich sein Ergnis beeindruckend gut finde.

                  Aber a) ist er 10 Jahre älter als ich und b) bin ich halt kein Freund mehr von Bestrahlung. Der befreundete Strahlentherapeut
                  hat mir einfach zu viel schlechtes berichtet oder sagen wir zuviel ehrliches.

                  Was nicht heißt, dass sehr viele ohne Nebenwirkungen bleiben und ich drücke dazu ganz aufrichtig jedem die Daumen! Aber ich
                  wollte das Risiko selbst einfach nicht eingehen.

                  Grundsätzlich scheint es auch so zu sein, dass jeder ganz individuell auf "seine" Therapie reagiert. Der eine ist mit der OP hochglücklich,
                  der andere mit der Bestrahlung oder der fokalen Therapie. Man kann aber nicht von ähnlichen Befunden auf seine eigene Situation ableiten,
                  da man nicht weiß wie der eigene Körper reagiert.

                  Nomogramme etc. sind sicherlich hilfreich, aber ganz sicher nicht 100% verlässlich. Natürlich unterscheiden sich die Prognosen zwischen einem
                  kleinen Gleason 6 Tumor und einer komplett mit Tumoren durchsetzten Prostata und Gleason 9.

                  Aber am Ende weiß man erst nach der Therapie welches Ergebnis man hat...

                  Schönen Sonntag
                  Wolfgang

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                    #10
                    Zitat von WernerE Beitrag anzeigen
                    Hallo Wolfgang,

                    du hast dich so gut in deine Situation eingearbeitet, wie kaum ein Zweiter. M. E. machst du alles richtig. Hamburg und Gronau sind 2 Top-Adressen. Fang bitte bereits jetzt mit dem Kontinenz-Training an. Alles Gute. Wir sind gespannt auf deinen weiteren Bericht.

                    WernerE
                    Hallo Wolfgang,
                    ich kann mich Werner's Meinung nur anschliessen.
                    Ich denke, die Wahrscheinlichkeit, den Krebs durch die OP loszuwerden, ist bei Dir extrem hoch. Klar, Kontinenzstörungen/Potenzstörungen können auch auftreten (müssen aber nicht).
                    Aber den Krebs dauerhaft loszuwerden, das wäre schon ein Hauptgewinn.
                    Ich drücke Dir die Daumen.
                    Gruß
                    Lutz
                    Liebe Grüße Lutz --- > Mein Profil bei myProstate < --- > Erlebnisberichte meiner Therapien <

                    Kommentar


                      #11
                      Wolfgang, keineswegs habe ich dir von der Op abgeraten. Auch bin ich der Meinung, dass in der Leitlinie viele kluge Sachen stehen - die sich nicht immer in den Empfehlungen niederschlagen, teilweise ihnen sogar widersprechen, wenn ihre zweifelhafte Evidenz ausführlich diskutiert wird. Jenseits dieser fachlichen Seite teilen sich die Patienten in zwei Gruppen mit völlig unterschiedlicher Erwartungshaltung:
                      (a) diejenigen, die eine "endgültige Heilung" erwarten
                      (b) diejenigen, die die Krankheit unter Kontrolle halten möchten.

                      Naturgemäß fallen unter (b) alle, die metastasiertes kastrationsresistentes PCa haben, sowie viele, die ein Rezidiv (nicht lokal) haben.
                      Diejenigen mit Gleason 3+3 finden sich (fast alle zu Recht) in (a); auch für sehr kleine 7a ist das eine vernünftige Haltung. Bei den übrigen Erstdiagnostizierten (also Mittel- bis Hochrisiko) sehen sich die meisten auch in (a) - was weder durch die Nomogramme noch durch die großen Studien belegt ist. Dann ist das PCa meistens ein chronische Erkrankung, die man allerdings ganz gut etliche Jahre unter Kontrolle halten kann. In dieser Gruppe beseitigen Op oder Strahlentherapie einigermaßen "radikal" den lokalen Tumor, allerdings zu spät. Die schon gestreuten Zellen oder Zellverbände sehen Szintigramm und PET/CT da noch nicht. Beim ersten biochemischen Rezidiv bekennen sich dann einige Patienten mehr zu (b), und nach dem Versagen der Salvage-RT geht es eigentlich nur noch um die PSA-Reduktion; also um die Kontrolle des Wachstums.
                      Mittel- oder Hochrisiko wurden in der Regel spät erkannt (vorher sind sie eben Niedrigrisiko) und die Metastasierung ist schon programmiert (manchmal kommt sie erst nach 15 oder 20 Jahren). Daher auch die immer noch gültige Regel: möglichst früh UND möglichst radikal, und nicht: möglichst früh ODER möglichst radikal.
                      Bei einem 7b mit Perineuralscheideninvasion würde ich die Haltung gemäß (b) ansetzen: darauf zielten meine Anmerkungen ab. Klar wäre alles einfach, wenn man die Prostata folgenlos entfernen könnte wie eine Gallenblase oder einen Brustkrebs.

                      Für mich hatte ich die Latte niedriger gelegt: bereits ein Gleason-4-Anteil reduzierte meine Erwartung auf (b). Die optimale Kontrolle muss nicht zwangsläufig die selbe Therapie erfordern wie die "vollständige Heilung", so dass eine Strategie "Was man sieht wird bekämpft" akzeptabel war: in der Anwendung dann ein fokales Vorgehen, wobei die Anzahl der Läsionen keine Rolle spielte.
                      Andere Beweggründe spielten auch eine Rolle. Als Selbstständiger und sportlich Aktiver wollte ich mir keine schwere Op und Reha antun. Praktisch hatte ich dann 1,5 Tage Ausfall für die Behandlung und war danach sofort einsatzfähig, nur der Katheter beschränkte mich mehr oder weniger auf zuhause.

                      Kommentar


                        #12
                        Ach ja - gibt es dazu Details: "was mich dann wieder stutzig gemacht hat und ich mir daraufhin seine Bilanzen angesehen habe." und "Ich habe aber neben den medizinischen Recherchen mir auch mal die Bilanzen und das juristische Verzeichnis über laufende und abgeschlossene Klagen angesehen und Dinge gefunden, die mir gar nicht gefallen haben"
                        Können die Bilanzen der Martiniklinik irgendwas über den onkologischen Erfolg aussagen? Und geht es da um Kunstfehlerprozesse?

                        Kommentar


                          #13
                          Hallo Lutz,

                          danke Dir für den Zuspruch! Trotz aller mentalen Vorbereitung tut das immer gut :-)


                          Martin: Das mit der Bilanz sagt für mich aus, ob jemand finanziell unter Druck steht oder nicht. Wenn eine Klinik entgegen ihrer wirtschaftlichen Interessen eine andere Therapie
                          empfiehlt, finde ich das bemerkenswert. Umgekehrt eher bedenklich...

                          Die Bilanzen der Martini-Klini sagen natürlich nichts über deren onkologischen Erfolg aus. Dies wäre auch gar nicht nötig, da jeder weiß wie gut die Operateure dort sind, im Vergleich
                          zu Kliniken die eine solche OP mal eben "mitmachen".

                          Umgekehrt deuten negative Bilanzen auf eine gewisse Drucksituation hin, nicht unbedingt ausschließlich im Sinne des Patienten zu beraten.
                          Und ja, bei den Prozessen ging es um Kunstfehler bzw. Klagen wegen nicht korrekter Aufklärung etc. Ich möchte Details hierzu aber lieber hier nicht öffentlich einstellen, sondern kann Dir diese nach meinem Urlaub
                          per PN schicken.

                          Was Deine Ausführungen angehen kann ich diese nachvollziehen und gehe ebenfalls davon aus, dass Zellen möglicherweise bereits früh streuen. Die Frage ist halt immer, ob daraus etwas bedrohliches entsteht oder man - im besten Fall -
                          für den Rest seines Lebens ohne weitere Therapien leben kann. Auch das ist möglich und ich kenne einige Operierte, die seit vielen Jahren ausschließlich den PSA-Wert kontrollieren lassen und sonst nichts. Trotzdem maße ich mir nicht an meinen Befund
                          mit deren zu vergleichen und die gleichen Ergebnisse zu erwarten. Aber möglich ist es und daher habe ich in meinen Augen berechtigte Hoffnung. Ich bin jedoch skeptisch, ob die von Dir erwähnten Rechenprogramme in der Lage sind mehr als eine Tendenz anzuzeigen.
                          Hier fehlen mir einfach zu viele individuelle Faktoren!


                          Eine Fachfrage habe ich aber noch an Euch, bei der Ihr mir sicher helfen könnt: Ist die Entfernung von Lymphknoten bei mittlerem Risiko wirklich notwendig?

                          Ich hatte hierzu eine längere Diskussion mit dem mich operierenden Professor und so ganz überzeugend fand ich seine Argumentation nicht. Bei niedrigem Risiko kann
                          man darauf verzichten; bei hohem Risiko ist sie zwingend. Beides kann ich nachvollziehen.

                          Aber bei mittlerem Risiko scheint man sich selbst nicht so ganz sicher zu sein:





                          Die Frage, die ich mir stelle, lautet: welchen Mehrwert bringt mir das? Entnimmt man mir 10 Knoten und sagen wir 1 bis 2 sind mit Mikrometastasen
                          durchsetzt, was hilft mir das? Wäre das eine Indikation für weitere Maßnahmen, zumindest bei R1 Situation?

                          Wenn keiner der Knoten nachweislich Krebszellen trägt, würde ich mich zwar sehr freuen, aber mir wären 10 wichtige Lymphknoten entfernt worden mit ggf. entsprechenden Nebenwirkungen.

                          Meine Bildbefunde geben keinerlei Hinweis auf pathologisch veränderte/vergrößerte Knoten.

                          Mein Bestrahler hat mir erklärt, dass man aufgrund dieser Befunde ausschließlich die Prostata bestrahlen würde. Bei der Bestrahlung würden die Lymphknoten
                          also gar keine Rolle spielen.

                          Wie würdet Ihr in meiner Situation verfahren oder übersehe ich hierbei etwas wesentliches?

                          Danke Euch!

                          LG
                          Wolfgang

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                            #14
                            Man entfernt bei einer OP die Lymphknoten aus diagnostischen Zwecken, um festzustellen, ob der Tumor in die angrenzenden Lymphknoten gestreut hat. Manchmal sind sie befallen, obwohl dies mit der empfindlichsten Bildgebung nicht erkennbar war. Zehn Lymphknoten kann man in der Regel ohne Nebenwirkungen entfernen. Manche Ärzte entfernen bis zu 40, das halte ich für zu viel.
                            Wenn du eine R0 Situation hast und der PSA Wert steigt, so wirst du dich fragen, woher kommt das? Wenn dann befallene Lymphknoten gefunden wurden, ist das damit zu erklären. Ich denke, auch wenn befallene Lymphknoten gefunden werden, so wird man nach der OP erstmal abwarten.

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                              #15
                              Es ist sicher auch von Patient zu Patient verschieden, wie viele Lymphknoten sich unter der OP überhaupt zum Entfernen anbieten. Ein anderer Faktor ist der Blutverlust unter der OP, der sich möglichst auf einen halben Liter beschränken sollte. Bei mir wurden, wenn ich mich recht entsinne, 7 Stück entfernt und dann mussten am Tag nach der OP stündlich meine Blutwerte kontrolliert werden.

                              "Gleason 7b (70% 4/30% 3), Perineuralscheideninfiltration, Stanzlänge 21mm, Tumorausdehung 4,6mm"

                              "eine suspekte Läsion peripher links (kennen wir schon) 10x11x6mm, 0,3ml, mit Einstufung PIRADS 4 und eine in der rechten transitionalen Zone 17x14x12mm, 1,4ml, mit Einstufung PIRADS 5."

                              Wolfgang, deine Prostata wird unter der OP im Schnellschnitt beurteilt und bei Pn1 ist der Nerverhalt vielleicht nur einseitig oder gar nicht indiziert. Dies insbesondere, sofern sich der Tumor nahe der Kapsel und im Bereich der Nervenstränge befindet. Mit einem 7b bist du im oberen Bereich des mittleren Risikos und da wird es sich anbieten, einige Lymphknoten zu entnehmen. Mit Hinblick auf die Nebenwirkungen, die du sowieso in Kauf nehmen musst, kommt es darauf auch nicht mehr an.

                              Möglich, dass deine Läsion in der transitionalen Zone ein Grund ist, warum man dir keine IRE empfiehlt. Diese verläuft, wie ich eben nachgesehen habe, entlang der Urethra, wo der Einsatz dieser Technologie riskanter sein wird als in der Peripherie. Die transitionale Zone befindet sich in der dem Rektum abgewandten Seite der Prostata und wird bei Biopsien meist nicht erreicht. Falls die Beurteilung der MRT richtig liegt, könnte sich dort Gewebe finden, mit welchem du in der Histologie hochgestuft würdest.



                              Kurz gesagt, ich denke, die RP ist für dich die richtige Wahl. Allerdings deutet dein Befund auf mittleres bis sogar hohes Risiko hin, wo Lymphknoten entnommen werden und der Nerverhalt eventuell nicht möglich ist.

                              Gruß Karl
                              Nur der Wechsel ist bestaendig.

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