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Optimierung bestehender Standardtherapien durch Tumorstammzellforschung

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    #46
    Es ist nicht so zynisch gemeint wie es klingt:
    Aber wenigstens ein Eingeständnis.

    Die EBM ist ein wunderbares Instrumentarium bei Standartproblemen (sagen wir Husten, Schnupfen, Heiserkeit) und ein Plan- und Steuerinstrument der Kostenseite.

    Bei systemischen Erkrankungen berücksichtigt sie aber zu wenig das Individuum, genau da liegen die Grenzen und der Anfang einer zwei Klassen Medizin.

    Tom

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      #47
      Reinardo, Hans,
      ja, wir haben ein unterschiedliches Verständnis von EBM. Was ihr beschreibt ist die aktuelle Situation in urologischen Praxen bzw. Fachabteilungen der Krankenhäuser, die sich der Leitlinien gesteuerten Therapie verschrieben haben. Gerne wird das von den Leitlinienfans auch als EBM bezeichnet, was es nicht ist, denn die Leitlinien bilden nur einen ganz kleinen Teil der EBM ab, sozusagen das Sahnehäubchen. Alles darunter liegende wird gerne als Müll bezeichnet, was definitiv unzutreffend ist, also merke Leitlinien sind nur eine Teilmenge der EBM!

      Ein anderer Aspekt betrifft die Erstattungsfähigkeit. Um die Kosten des Gesundheitswesens nicht ausufern zu lassen, hat die Politik beschlossen nur noch das ganz sicher Wirksame und 150% abgesicherte zu erstatten. Dazu wurden Gutachten erstellt, welche Therapie aus der EBM denn diesen Sachverhalt erfüllt, und das wurden dann die Leitlinien. Das es dabei naturgemäß Härten gibt ist klar, aber natürlich kann man auch dem Arzt kein Blankocheck ausgestellt werden. Das würde keine Volkswirtschaft der Welt stemmen können.

      Wenn ich mich außerhalb der Leitlinien bewege schaue ich schon auf die Evidenz der angepeilten Therapien. Evidenzlevel-2 ist mir im Zweifel lieber als Evidenzlevel-4, das ist mein Verständnis der EBM. Dazu braucht es natürlich auch ein ‘willigen‘ Arzt, nicht einfach fürwahr! Auch ich habe viel Zeit damit verbracht ein entsprechendes Vertrauensverhältnis entstehen zu lassen. Oft lese ich hier im Forum: "...habe volles Vertrauen zu meinem Arzt". Da muss ich immer etwas schmunzeln, denn für mich ist eher wichtig, dass der Arzt mir vertraut.

      Tom,
      es gibt keine "zwei Klassen Medizin", sondern eine drei-Klassen-Medizin:

      1. GKV Versicherte mit "vollem Vertrauen zu ihrem Arzt"
      2. PKV Versicherte mit "vollem Vertrauen zu ihrem Arzt" die bekommen schneller Termine und Kaffee angeboten, aber sonst die gleiche Behandlung.
      3. Die Wissenden Patienten, die werden statistisch immer besser dran sein, wobei möglicherweise ein paar Extradollar hilfreich sein könnten.
      Who'll survive and who will die?
      Up to Kriegsglück to decide

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        #48
        es gibt keine "zwei Klassen Medizin", sondern eine drei-Klassen-Medizin:


        1. GKV Versicherte mit "vollem Vertrauen zu ihrem Arzt"
        2. PKV Versicherte mit "vollem Vertrauen zu ihrem Arzt" die bekommen schneller Termine und Kaffee angeboten, aber sonst die gleiche Behandlung.
        3. Die Wissenden Patienten, die werden statistisch immer besser dran sein, wobei möglicherweise ein paar Extradollar hilfreich sein könnten.
        So gesehen eine exakte Beschreibung unseres Gesundheitswesens. Beim letzterem sind dann aber die Extradollar der springende Punkt. Nicht umsonst lassen sich gerne ausländische Öl- Gas - und Selfmademillionäre, in den extra dafür eingerichteten Abteilungen vieler Kliniken, in Deutschland behandeln. Diese Medizin hat nichts mehr mit EBM zu tun,läuft immer individuell und hat große Erfolge. Wo Dollars oder Rubel sind ist halt immer ein Weg!

        Tom

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          #49
          Hallo Diskutanten,

          zuerst freue ich mich, dass diese Ansprache wieder zu führen ist.

          @Low Road
          nachdem die entsprechend Verantwortlichen hier die persönlichen Spitzfindigkeiten von dir gegen mich entfernt haben, scheint einer Weiterdiskussion nichts mehr im Wege zu stehen.
          Jedoch möchte ich zu Boro nicht weiter ausführen, weil mir seine Datenlage zu spärlich und meine angeführte Fallstudie doch mit Daten und eines Protokolls versehen sind, die den Vergleich zu Boro nicht gerecht werden. Sondern sich in einem anderen Evidence Level befinden.

          Lass mich deshalb noch etwas zum Hintergrund und die Wirkungsweise zu Artemisinin/Artesunate&Co ausführen.

          Antikes chinesisches Medikament hilft gegen Krebs

          Ein Wirkstoff aus der antiken chinesischen Medizin kann Brust- und Blutkrebszellen effektiv vernichten. Das berichten amerikanische Forscher im Fachmagazin
          Life Sciences (Bd. 70, S. 49).



          Die Wissenschaftler um Henry Lai von der Universität Washington behandelten Brustkrebszellen mit Artemisinin, einem Wirkstoff eines Beifußgewächses. Zudem fügten sie ein Eiweiß bei, dass die Einfuhr von Eisen in die Krebszellen erhöht. Die Substanzen wirkten sofort: Nach nur 16 Stunden waren beinahe alle Brustkrebszellen tot. Gesunden Brustzellen aber schadete die Therapie kaum, fanden die Forscher.

          Die chinesische Arznei wirke nur im Zusammenspiel mit Eisen, das in Krebszellen meist in Unmengen vorhanden sei, erklären die Forscher. Deshalb schade das Mittel gesunden Körperzellen kaum, da sie vergleichsweise wenig Eisen enthalten. In einem ersten Tierversuch konnten die Forscher mit der Therapie einen an Knochenkrebs leidenden Hund innerhalb kürzester Zeit heilen.

          Artemisininhaltige Extrakte aus Beifußgewächsen nutzten chinesische Heilkundige schon vor Tausenden von Jahren zur Behandlung von Malaria. Die Therapieform ging jedoch verloren, bis Archäologen vor rund dreißig Jahren das Rezept wieder ausgruben. Auch dem Malariaerreger wird bei der Behandlung wie den Krebszellen der hohe Eisenanteil zum Verhängnis.

          Weitere Meldungen zum Thema
          Beifuß finden Sie im Archiv von wissenschaft.de.






          Es war und ist mir ein Anliegen, alternative mögliche Therapieformen aufzuzeigen, welche z.Z. außerhalb der S3 Leitlinien nur in experimentellen Versuchen stattfinden können. Bei sehr, sehr geringen NW und entsprechend überschaubaren Risiken.
          Da uns Schwerbetroffenen doch die bisherigen Therapieformen und Entwicklungswege bekannt sind - und wie Hans. z - doch sehr gut aus seiner Praxis dargelegt hat, müssen doch jedem Leser nun langsam auch die Schwachpunkte der EBM bewußt werden.

          Hier geht es doch nicht darum die EBM zu demontieren, aber auf Schwachstellen aufmerksam zu machen, Mut aufzubringen diese aufzuzeigen, damit die Schwachstellen transparent werden, einer kritischen Würdigung unterzogen werden können und auch mögliche Gefahren aus dieser NICHT individuellen ausgerichteten Therapieformen abgestellt werden können.

          Die EBM hat ihre Fehler, wie sie auch bei vergleichbaren, gleichen Krankheitsenitäten eine große Hilfe für alle Heilberufe sein kann.
          Dieser Berufszweig ist also stark mit heilen assoziiert.

          Folglich sind die Grenzen dort, wo keine Heilung mehr möglich ist und dort stößt die EBM an ihre Grenzen. Die Praktizierenden erleben es immer wieder und sind in keiner guten Position. Sie verdienen die Unterstützung der Schwerbetroffenen, die sich keiner genormten Standardtherapie mehr unterziehen können.
          Hier wäre die Ursprungsfassung der EBM - nämlich den individuellen Therapieformen - die auf der Heterogenität des PCa. übertragbar sind, im Vorteil.

          Da sollten wir hin und uns der Technik in der Diagnostik bedienen, welche die Wissenschaft längst für Massentypisierungen entwickelt hat, woraus sich neue Therapien entwickeln können.
          Nur, diese Ansätze stoßen auf kein Interesse.
          Weil niemand an diesem System Veränderungen wünscht. Das ist nicht nur der Trägheit der Massen geschuldet, sondern einer Maschinerie, die daran aus Gründen der Gewinnmaxime festhält und weniger an dem Wohle der entsprechend Betroffenen. Diese werden als eine statistikunrelevante Größe dargestellt.

          Die Gesetzeslage auf das System abgestimmt erschwert jede mögliche Veränderung,

          So wird der Fortschritt gehemmt.

          Die Informationsflut von Hans.z ist eindeutig. Totschweigen und Todschlagen dieser stichhaltigen Argumente hilft diesen Betroffenen nicht.
          Hierzu möchte ich nicht beitragen, indem ich für mich EBM fordere, die auf meinen Erkrankungsstand nicht oder nur sehr eingeschränkt übertragbar ist.
          Mir ist bewußt, dass andere Betroffene, mit leichteren Verläufen dieses anders sehen und müssen.


          Hans-J.








          Mein PK Verlauf unter: http://www.myprostate.eu/?req=user&id=96

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            #50
            Zitat von Hans-J. Beitrag anzeigen

            @Low Road
            nachdem die entsprechend Verantwortlichen hier die persönlichen Spitzfindigkeiten von dir gegen mich entfernt haben....
            Hä ??? Wo wurde irgendein Beitrag oder ein Teil eines Beitrags von mir von "Verantwortlichen" entfernt???

            "...hier ein Ausschnitt aus einer früher im Forum geführten Diskussion zu Artemisinin: http://forum.prostatakrebs-bps.de/showthread.php?3570-Frau-Dr-Jutta-H%FCbner-Komplement%E4re-Onkologie/page3"

            Danke Günter!
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            Up to Kriegsglück to decide

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              #51
              Lieber LowRoad. Dein Link zu Artemisinin funktioniert nicht. Und da hatte ich mir nach Hans-J. Ausführungen schon Hoffnungen gemacht. Gruß, Reinardo

              Kommentar


                #52
                Das ist der Beitrag von RuStra vom 07.06.2008

                Vollständige PK-Historie seit 2005 bei
                myProstate.eu
                Menschen sind Engel mit nur einem Flügel.
                Sie müssen sich umarmen um fliegen zu können.



                (Luciano de Crescenzo)

                Kommentar


                  #53
                  Wo ist sie denn nun, die EBM?

                  Zitat von LowRoad Beitrag anzeigen
                  Reinardo, Hans,
                  ja, wir haben ein unterschiedliches Verständnis von EBM. Was ihr beschreibt ist die aktuelle Situation in urologischen Praxen bzw. Fachabteilungen der Krankenhäuser, die sich der Leitlinien gesteuerten Therapie verschrieben haben. Gerne wird das von den Leitlinienfans auch als EBM bezeichnet, was es nicht ist, denn die Leitlinien bilden nur einen ganz kleinen Teil der EBM ab, sozusagen das Sahnehäubchen. Alles darunter liegende wird gerne als Müll bezeichnet, was definitiv unzutreffend ist, also merke Leitlinien sind nur eine Teilmenge der EBM!

                  Ein anderer Aspekt betrifft die Erstattungsfähigkeit. Um die Kosten des Gesundheitswesens nicht ausufern zu lassen, hat die Politik beschlossen nur noch das ganz sicher Wirksame und 150% abgesicherte zu erstatten. Dazu wurden Gutachten erstellt, welche Therapie aus der EBM denn diesen Sachverhalt erfüllt, und das wurden dann die Leitlinien. Das es dabei naturgemäß Härten gibt ist klar, aber natürlich kann man auch dem Arzt kein Blankocheck ausgestellt werden. Das würde keine Volkswirtschaft der Welt stemmen können.
                  (...)
                  Lieber Andie,

                  nach Deinen Ausführungen muß ich eingestehen, dass ich die EBM doch nicht richtig verstanden habe. Vielleicht hilfst Du mir bitte, den Nebel vor meinen Augen zu lichten.

                  Alle Anstrengungen im Gesundheitswesen dienen doch eigentlich dem Ziel, die Gesundheit zu erhalten (Prävention), Krankheiten zu behandeln (Therapie) und unheilbar Kranke medizinisch zu begleiten (Palliation)? Kurz: Gesunde und kranke Menschen sind also Dreh- und Angelpunkt der milliardenschweren Veranstaltung „Gesundheitswesen“. Soweit liege ich doch richtig, oder?

                  Wo kommen denn nun all diese Menschen, für die hunderte von Milliarden Euro ihres eigenen Geldes per anno fremdausgegeben werden, mit der EBM in Berührung, wenn nicht in der jeweils individuellen Situation in derPraxis, in der Klinik, in der Nachsorge- und Pflegeeinrichtung? Zugestanden, auch bei der Krankenkasse & MDK, um die Ablehnung der beantragten Kostenübernahme in Empfang zu nehmen. Rein theoretisch ergäben sich noch Berührungspunkte bei den LSG und dem BSG in Kassel. Wohlgemerkt: Rein theoretisch! In praxi erleben die Patienten das eigentlich nicht.

                  Wo findet denn nun die EBM für den „Finanzier“ der Veranstaltung statt?

                  Das System bedient sich doch eher der zahlenden Gesunden und Kranken, um auskömmlich, teils luxuriös zu existieren, ohne dass die Zahler irgendeinen Einfluß nehmen könnten. Quasi ein großer Selbstbedienungsladen?

                  Keine Angst, ich bremse mich jetzt und schreibe nicht über die zweifelhaften Rollen des MDK, BA/G-BA, des IQWiG und des BSG, über die gesteuerten Leistungseinschränkungen und die unsinnigen Aufhebungen der Rezeptpflicht (z.B. Corticoide, PPI usw.) zur Kosteneinsparung bzw. gefährlichen Verlagerung zu den Patienten.

                  Die EBM, eigentlich zur Qualitätssteigerung und zum Schutz des Patienten vorgesehen, ist zum Schutzschild entsprechender Interessengruppen mutiert. Der Depp ist auch in diesem Fall wieder einmal der Patient, vorwiegend der schwerstkranke Patient in Praxis und Klinik.

                  Ich sagte es bereits vorher schon: Wir können sehr, sehr lange über die EBM und die Schwachpunkte im Gesundheitswesen diskutieren. Wir hier werden am Ist-Zustand nichts ändern können. Leider!
                  Aber gut, dass wir mal darüber gesprochen haben.

                  mfg
                  hans.z

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                    #54
                    Vorsicht, die Empfehlung ist ernst gemeint!

                    OK, das Kreuzen der verbalen Klingen war wohl nötig, um den hier herrschenden verständlichen Frust abzubauen. War sicher keine Freude für die geneigte Leserschaft, aber das ist das reale Leben in der Onkologie. Frustaufbau durch Krankheit und Unzulänglichkeiten dieses eigentlich vollkommenen Gesundheitssystems.

                    Doch nun zurück zu den Niederungen des allgemeinen Patienten-Alltags:
                    Hier ist eine Empfehlung für Patienten und Gesunde, die hier im Thread und an anderer Stelle schon einmal angesprochen, wahrscheinlich überlesen wurde.

                    12.06.2012
                    Sulforaphan hemmt Tumorwachstum und Metastasenbildung beim Prostatakarzinom


                    Am besten Brokkkoli-Sprossen

                    http://forum.prostatakrebs-bps.de/showthread.php?7218-Optimierung-bestehender-Standardtherapien-durch-Tumorstammzellforschung&p=66228#post66228



                    Dabei verlangt dieser Aspekt besondere Beachtung:

                    Allerdings steckt in Brokkoli-Pulver oft Glucoraphanin, eine Vorstufe des Sulforaphans, das nur wegen des fehlenden Enzyms nicht in die eigentliche Schutzsubstanz umgewandelt werden kann. In Brokkoli-Sprossen steckt dagegen Myrosinase im Überfluss. Würde man also Pulver und frischen Brokkoli zusammen essen, könnte das Enzym aus den Sprossen die Umwandlung der Sulforaphan-Vorstufe aus dem Pulver steigern, vermuteten die Wissenschaftler.

                    Das ist eine besondere Anwendungsbeobachtung (AWB), die weder bei einer Ethikkommission registriert werden muß, noch dafür entsprechende Fallgelder (Schmiergeld) fließen müssen. Sie wird im geschützten Terrain (Patientendomizil) durchgeführt. Schriftliche Aufzeichnungen (z.B.Anwendungsprotokoll) sind nicht erforderlich, aber wünschenswert.


                    //…..//

                    Die Teilnahme ist abhängig von der eigenhändigen Registrierung in dem am 17.08.2013 noch zu eröffnenden Strang unter gleichem Thema. Anmeldegebühren in vergleichbarer Höhe von 20,-- € entfallen, sobald Sie Ihre elektronische Gesundheitskarte eingescannt und übermittelt haben.
                    Lediglich die Verwaltungsgebühr von 52,50 € fällt an, sobald Ihre Zustimmung per Augenaufschlag bei uns eingegangen ist.
                    Ihre Daten sind bei uns absolut sicher.

                    7§&“Z=?(/&%Q$RFD&/(`?=

                    Vielen Dank, dass Sie mit uns geflogen sind.


                    §“$%$&/&%(=?Q


                    Bitte entschuldigen Sie den Computerfehhhhhhhhhlllllleeeeeeerrrrr…………


                    Guten Morgen, hier ist Ihre Gesundheitskasse.
                    Wie kann Ich Ihnen helfen?

                    Kommentar


                      #55
                      Themeneinstieg

                      Hallo @Reinardo & @all,

                      wer nicht zurückblättern will, findet in den nachfolgenden Links einen gut verständlichen Überblick für Themeneinsteiger.








                      mfg
                      hans.z

                      Kommentar


                        #56
                        Lieber Hans @all,

                        schön, dass du neben deinen Ausführungen auch die Grundthematik wieder in den Fordergrund ziehst.
                        Laß mich jedoch noch einmal zu der EbM kommen und zwar einfach einmal so zum Querlesen, wie kritisch unsere Nachbarn mit diesem Thema umgehen.
                        Damit wir einen Vergleich mit unserem Umgang erhalten.

                        Evidenzbasierte Medizin – einGewinn für die Arzt-Patient-Beziehung
                        Evidence Based Medicine: a Benefit for Doctor-Patient-Relationship


                        Unter diesemThema stand die diesjährige Tagung der Salzburger Gesellschaft für Allgemeinmedizin, die in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Netzwerk Evidenzbasierte Medizin und der Paracelsus Medizinischen Privatuniversität vom 25.–27. Februar 2010 in Salzburg stattfand.

                        Nach unserem 1. SAGAM Kongress, den wir im vergangenen Jahr zu dem herausfordernden Thema „Medizinohne Ende?“ abgehalten haben und der uns sehr viel positives Feedback brachte,wagten wir uns also erneut an die Ausrichtung eines Kongresses. Durch dieKooperation mit der PMU und dem DNEbM wurde die Kongressorganisation deutlicherleichtert. Die PMU stellte durch die Fortsetzung ihrer Kongressreihe „ForumMedizin 21“ den Rahmen zur Verfügung und das DNEbM veranstaltete im Rahmen derKooperation seine 11. EbM-Jahrestagung.

                        Der Kongresstitel „EbM – ein Gewinn für die Arzt-Patient-Beziehung“ griff sowohldie Thematik des letztjährigen Forum Medizin 21 (Umgang mit derInformationsflut, Arzt-Patient-Beziehung in Zeiten wachsenden ökonomischenDrucks) als auch Aspekte der letzten EbM-Jahrestagung (EbM undGesundheitsökonomie: System unter Druck) und der SAGAM-Tagung des vergangenenJahres auf. Zentrales Anliegen war eine kritische Auseinandersetzung mit der evidenzbasierten Medizin und ihrer Auswirkungen auf die Arzt-Patient-Beziehung.

                        Über 250 Teilnehmer aus vier Ländern (Österreich, Deutschland, Schweiz und Südtirol/Italien) kamen nach Salzburg, um im Tagungszentrum St. Virgil diese spannende Thematik zu diskutieren, darunter nicht nur Ärzte, sondern auch Pflegewissenschaftler, Sozialmediziner und Vertreter anderer Gesundheitsberufe.Insbesondere gelang es, Vertreter so gut wie aller namhaften Organisationen und Institute, die sich im österreichischen Gesundheitswesen mit Aspekten der evidenzbasierten Medizin beschäftigen, in Salzburg zu versammeln, so unter anderem das Bundesinstitut für Qualität im Gesundheitswesen (BIQG), die Abteilung für Evidenzbasierte Medizin des Hauptverbandes, das Ludwig-Boltzmann-Institut für HTA, das Institut für evidenzbasierte Medizin der Donau-Universität Krems, das Institut für Evidenzbasierte Medizin der Medizinuniversität Graz, das Institut für Public Health der UMIT Hall/Tirol und viele andere. Die Bedeutung des Kongresses wurde dadurch unterstrichen, dass der österreichische Bundesminister für Gesundheit Stöger selbst zusammen mit der Landeshauptfrau des Landes Salzburg Gabi Burgstaller, dem Kongresspräsidenten A. Sönnichsen, dem Vorstandsvorsitzenden des DNEbM D.Klemperer und dem Rektor der PMU H. Resch den Kongress eröffnete.

                        Viel Raumwurde der Definition der evidenzbasierten Medizin gegeben.
                        Die von David Sackett formulierteDefinition wurde zwar im Rahmen eines wissenschaftstheoretischen Workshopskritisch hinterfragt und eine Weiterentwicklung im Sinne moderner Wissenschaftstheorie erscheint wünschenswert. Dennoch ist diese Definition auch heute noch von einem hohen Maß an Gültigkeit gekennzeichnet, besonders deshalb,weil sie dem häufig anzutreffenden Missverständnis von EbM als„Kochbuchmedizin“ entgegenwirkt.

                        Nach David Sackett ist evidenzbasierte Medizin die Synthese aus den besten derzeit verfügbaren Nachweisen der medizinischen Wissenschaft, der ärztlichen Berufserfahrung und den Wertvorstellungen des Patienten. Diese Definition räumt die Angst aus, EbM könnte von den Systemverantwortlichen missbraucht werden, um den Ärzten ein überwiegend ökonomisch ausgerichtetes, rigides Behandlungsschema aufzuzwingen.

                        Evidenzbasierte Medizin darf nicht als „medizinischer Nihilismus“verstanden werden, der nur noch ärztliche Handlungen erlaubt, deren Nutzendurch systematische Übersichtsarbeiten und Metaanalysen belegt wurde.

                        Gerade inder hausärztlichen Medizin ist der Arzt ständig mit Fragestellungenkonfrontiert, für die es keine höherwertige Studienevidenz gibt.Evidenzbasierte Medizin ist hier nicht, den Patienten gar nicht zu behandeln,sondern eben die Maßnahmen zu ergreifen, für die die höchste Evidenzstufevorliegt. Diese Maßnahmen können im Einzelfall auf der Berufserfahrung desArztes beruhen, wenn keine höhergradige Evidenz aus validen wissenschaftlichenUntersuchungen vorliegt.

                        In diesem Zusammenhang wurde auch die Übertragbarkeit von Studienergebnissen auf den individuellen Patienten thematisiert. Studien werden meist an hoch selektierten Patienten im mittleren Lebensalter mit einer einzelnen Zielerkrankung durchgeführt. Die Patienten in der täglichen Praxis sind aber oft durch Polymorbidität und hohes Lebensalter charakterisiert.

                        Therapeutische Maßnahmen und insbesondere Medikamente, die im selektierten Patientengut der Studie erfolgreich eingesetzt wurden, könnten ihre Effektivität im typischen Setting der täglichen Praxis verlieren, z. B. durch ein Überwiegen von Nebenwirkungen und gefährlichen Interaktionen bei Polypharmakotherapie. Als wichtigstes Instrument in diesen Fällen gilt die konsequente Aufklärung des Patienten über die Chancen und Risiken einer medizinischen Intervention – und die Einbeziehung des Patienten in die Entscheidung nach entsprechenderAufklärung, wie schon von David Sackett gefordert.

                        Für die Zukunft wurde die vermehrte Durchführung von pragmatischen Studien gefordert, die sich weniger dem Effektivitätsnachweis von Einzelmaßnahmen (z. B.Medikamenten) als vielmehr der Untersuchung von Behandlungskonzepten im Praxisalltag widmen.

                        Ein weiteres wichtiges Thema des Kongresses war die relative Effektivität medizinischer Maßnahmen. Hier geht es darum, verschiedene – ähnliche – Maßnahmen in ihrer Effektivität zu vergleichen, wobei sogenannte „Head-to-head-Studien, also direkte Vergleiche in randomisierten kontrollierten Studien, meist nicht vorliegen. Hier wurden verschiedene methodische Möglichkeiten aufgezeigt, um zu validen Vergleichen zu kommen, insbesondere, wenn es um die Effektivität von Medikamenten mit gleichem oder ähnlichem Wirkungsspektrum geht.

                        Einen weiteren thematischen Schwerpunkt des Kongresses stellten das Verhältnis von EbM und Industrie und der Umgang mit Interessenkonflikten dar. Es wurde kritisch aufgezeigt, dass ein Großteil der Forschung heute unmittelbar von der Industrie durchgeführt oder zumindest von dieser finanziert und beeinflusst wird. Damit kann es naturgemäß zu einer Kollision zwischen wirtschaftlichen Interessen und wissenschaftlicher Korrektheit kommen. Nicht selten werden daher klinische Studienergebnisse einseitig interpretiert oder gar manipuliert und dann als vermeintlich evidenzbasierte Medizin verbreitet.

                        Die einhellige Meinung, dass mehr öffentliche Mittel für unabhängige Forschung zurVerfügung gestellt werden müssen, wurde von Bundesminister Stöger in einer begleitenden Pressekonferenz bestätigt. Das gleiche gilt auch für die Schaffungund Unterstützung unabhängiger Institutionen, die Studien nach exaktenwissenschaftlichen Kriterien bewerten, sowie für die ärztliche Fortbildung, die heute noch viel zu häufig dem Einfluss der Industrie ausgesetzt ist.

                        Ein Schlagwort in diesem Kontext, das immer wieder auftauchte, war die sogenannte„eminenzbasierte“ Medizin, die im hierarchischen System klinischer Strukturen nicht nur in Österreich weit verbreitet ist. So zeigte sich auch als Ergebnis der Podiumsdiskussion

                        EbM in Zeiten der Schweinegrippe“, dass bei der H1N1-„Pandemie“ weniger nachrationalen, wissenschaftlichen Erkenntnissen, sondern sehr viel mehr nach den„Expertenmeinungen“ von „Eminenzen“ entschieden wurde und dass hier von derÄnderung der Pandemiedefinition durch die WHO angefangen bis zum Aufruf zurMassenimpfung mit wenig erprobten Impfstoffen wirtschaftliche Interessen einenicht unwesentliche Rolle spielten.

                        Für die Zukunft wurde hier gefordert, nicht nur Interessenkonflikte noch deutlicher als bisher offenzulegen, sondern auch alle Versorgungsebenen, d. h. auch die Allgemeinmedizin in Entscheidungsprozesse mit einzubeziehen.

                        Der Abschlussvortrag von Ingrid Mühlhauser von der Universität Hamburg zum Thema „EbM – ein Gewinn für die Arzt-Patient-Beziehung?“ zeigte auf, dass sich das Arzt-Patienten-Verhältnis in den letzten Jahrzehnten deutlich gewandelt hat. Der Patient ist deutlich mündiger und auch fordernder geworden. Es gilt, die sich im Zuge der Informationsgesellschaft wandelnde Patientenrolle in der ärztlichen Berufsausübung zu berücksichtigen und den Patienten nach entsprechender Aufklärung in Entscheidungen mit einzubeziehen.

                        Als Beispiele zeigte Mühlhauser die abnehmende Bereitschaft von Patienten, sich einer nebenwirkungsreichen Therapie auszusetzen, wenn sie über die wahren Chancen und Risiken aufgeklärt werden. EbM in der Interpretation von Sackett bietet uns die Möglichkeit, dieser veränderten Arzt-Patient-Beziehung gerecht zu werden.

                        Der gesamte Kongress war getragen von einer sehr positiven Stimmung. Für Österreich kann man von einer Aufbruchstimmung für eine kritisch-konstruktive Auseinandersetzung mit der evidenzbasierten Medizin sprechen. Es wurde beschlossen, innerhalb des DNEbM einen Fachbereich Österreich zu bilden, der sich speziell mit der Implementierung und Ausrichtung der evidenzbasierten Medizin in Österreich befassen wird.

                        http://www.ebm-netzwerk.de/was-ist-ebm/leitartikel-sackett
                        http://www.bundestag.de/dokumente/analysen/2010/Evidenzbasierte_Medizin.pdf

                        Dann hoffe ich sehr, dass der gute Geist unserer Nachbarn auch zu uns getragen wird.
                        Weiterhin werden die von Hans oben vorgetragenen Argumente überdeutlich bestätigt. Es muß aber auch zur Kenntnis genommen werden, dass wir jetzt das Jahr 2013 haben und unsere Nachbarn sich weiterentwickelt haben aus 2010.

                        Ich kann die beiden angefügten Links nur empfehlen.


                        Gruss
                        Hans-J.
                        Mein PK Verlauf unter: http://www.myprostate.eu/?req=user&id=96

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                          #57
                          Hallo Hans-J.

                          Danke für diese Fleißarbeit. Ich habe Deinen Beitrag zweimal aufmerksam gelesen und glaube ihn auch verstanden zu haben. Darin lese ich viel Richtiges und viel Wünschenswertes. Und über jeden Absatz in Deinem Beitrag ließe sich ein neuer Thread eröffnen und darüber diskutieren. Aber die meisten von uns fortgeschritten Erkrankten befinden sich in einer Situation, wo wir uns immerzu fragen: Was können wir tun? Was hilft uns? Welche Ärzte sind gut und können uns helfen? Und da finde ich, dass die theoretischen Diskussionen bei der Tagung der Salzburger Gesellschaft für Allgemeinmedizin über die EBM uns in unserer konkreten Not nicht weiterhelfen.

                          Wenn Du einmal rekapitulierst, welche Brainpower und Eminenz der österreichischen Medizin dort versammelt war, dann hätte für uns etwas mehr wirklich Verwertbares herauskommen müssen als die von Dir geschilderte von unseren realen Problemen abgehobene Diskussion über die EBM es war. Insbesondere wurde in den Diskussionsbeiträgen der demotivierende und unter Umständen in die Irre führende Einfluss der EBM auf ärztliche Beratung und Therapie nicht hinreichend thematisiert.

                          In der deutschen Medizin hat sich die Idee von der EBM zu einem Fetisch entwickelt. Kein Arzt kann es sich heutzutage leisten, zur EBM etwas Kritisches zu äußern, weil er damit alle Aussicht verlöre, in Zukunft einmal irgendwo Chefarzt zu werden oder gar zum Professor ernannt zu werden. Die EBM ist auch zu einem Millionengrab geworden für unnötige Studien wie die PREFERE Studie, die bekanntlich zu Lasten von Beitragszahlern geht und ärztliche Kapazität bindet. Notwendige und mögliche Therapien für Schwersterkrankte werden durch Warten auf Ergebnisse gemäß EBM verzögert. Die Verschleppung der Zulassung von Alpharadin ist dafür ein Beispiel.

                          Das bringt uns zurück zu der Frage: Wer ist ein guter Arzt? Ein guter Arzt ist derjenige, der aus vielen eigenen Erfahrungen schöpft und sich auch die Erfahrungen anderer Ärzte zu Nutze macht, denen er vertraut. Er muss die Wirkungsweise der Medikamente kennen, deren Nebenwirkungen, und sich vorstellen können, wie die Therapien bei seinem Patienten wirken könnten. Wenn diese in sagen wir 10 Fällen gut wirken, liegt er richtig, es auch im 11. Fall zu versuchen. Die Ergebnisse von Studien mit großen Kollektiven sind zwar interessant, sollten auf individuelle Therapieentscheidungen aber keinen Einfluss haben.

                          So kann ich, lieber Hans-J. aus Deinem Beitrtag über das Salzburger Treffen der österreichischen medizinischen Elite nur den Schluss ziehen, dass man in Österreich noch fanatischer an den vermeintlichen Segen der EBM glaubt als in Deutschland und daher an fortgeschrittenem Prostatakrebs Erkrankte nur davor warnen, zur Behandlung nach Österreich zu gegen.

                          Gruß, Reinardo
                          Zuletzt geändert von Gast; 17.08.2013, 09:39. Grund: Tippfehler

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                            #58
                            Lieber Reinhard,

                            danke das du dir so viel Mühe gemacht hast den Text zu lesen. Ich möchte aber langsam mit dem Thema EbM schließen, denn es wurde nun sehr ausführlich dargelegt.
                            Vielleicht ist die Ausführlichkeit auch hier das erste Mal so eingehend und auch kritisch gesehen und formuliert worden, weil gerade hier im Forum mitunter der Eindruck entstehen mußte, dass nur noch die EbM die Therapie entscheidet.

                            Lieber Reinhard, aber im nachfolgenden hast du etwas Falschverstanden.

                            So kann ich, lieber Hans-J. aus Deinem Beitrtag über das Salzburger Treffen der österreichischen medizinischen Elite nur den Schluss ziehen, dass man in Österreich noch fanatischer an den vermeintlichen Segen der EBM glaubt als in Deutschland und daher an fortgeschrittenem Prostatakrebs Erkrankte nur davor warnen, zur Behandlung nach Österreich zu gegen.
                            Die Österreicher - als Initiatoren - haben sich sehr kritisch mit der EbM auseinandergesetzt, z.B. Theorie und Praxis, der Historie, den Schwachstellen, den Soll/Ist Abweichungen, den Einbeziehungen des Patienten, dessen Wertvorstellungen usw.

                            Hier wurden klare, kritische Formulierungen verfasst wie z.B. diese:

                            Nach David Sackett ist evidenzbasierte Medizin die Synthese aus den besten derzeit verfügbaren Nachweisen der medizinischen Wissenschaft, der ärztlichen Berufserfahrung und den Wertvorstellungen des Patienten. Diese Definition räumt die Angst aus, EbM könnte von den Systemverantwortlichen missbraucht werden, um den Ärzten ein überwiegend ökonomisch ausgerichtetes, rigides Behandlungsschema aufzuzwingen.
                            Für die Zukunft wurde hier gefordert, nicht nur Interessenkonflikte noch deutlicher als bisher offenzulegen, sondern auch alle Versorgungsebenen, d. h. auch die Allgemeinmedizin in Entscheidungsprozesse mit einzubeziehen.
                            Der Abschlussvortrag von Ingrid Mühlhauser von der Universität Hamburg zum Thema „EbM – ein Gewinn für die Arzt-Patient-Beziehung?“ zeigte auf, dass sich das Arzt-Patienten-Verhältnis in den letzten Jahrzehnten deutlich gewandelt hat. Der Patient ist deutlich mündiger und auch fordernder geworden. Es gilt, die sich im Zuge der Informationsgesellschaft wandelnde Patientenrolle in der ärztlichen Berufsausübung zu berücksichtigen und den Patienten nach entsprechender Aufklärung in Entscheidungen mit einzubeziehen.

                            Hat nachfolgendes schon einmal hier im öffentlichen Forum jemand gewagt so zu formulieren? Hans.z. hat es.

                            Einen weiteren thematischen Schwerpunkt des Kongresses stellten das Verhältnis von EbM und Industrie und der Umgang mit Interessenkonflikten dar. Es wurde kritisch aufgezeigt, dass ein Großteil der Forschung heute unmittelbar von der Industrie durchgeführt oder zumindest von dieser finanziert und beeinflusst wird. Damit kann es naturgemäß zu einer Kollision zwischen wirtschaftlichen Interessen und wissenschaftlicher Korrektheit kommen. Nicht selten werden daher klinische Studienergebnisse einseitig interpretiert oder gar manipuliert und dann als vermeintlich evidenzbasierte Medizin verbreitet.
                            Die formulierten Erkenntnisse sind kritisch gemeint, eben weil die Abweichungen erkannt wurden, der Mut aufgebracht wurde, die Abweichungen und die daraus resultierenden Gefahren auch zu formulieren und einer kritischen Würdigung zu Sackett unterzogen wurden.
                            Es wird Kritik laut, diese kann doch nur laut werden, wenn das Problem erkannt und formuliert wird
                            Hut ab.

                            Wer macht das hier in Deutschland?

                            Reinhards Zitat:

                            In der deutschen Medizin hat sich die Idee von der EBM zu einem Fetisch entwickelt. Kein Arzt kann es sich heutzutage leisten, zur EBM etwas Kritisches zu äußern, weil er damit alle Aussicht verlöre, in Zukunft einmal irgendwo Chefarzt zu werden oder gar zum Professor ernannt zu werden.
                            Ja, das stimmt, bis hier ins Forum.

                            Es gibt aber auch einige Ärzte, die den Spagat wagen und im Rahmen ihrer Möglichkeiten auch zum Wohle ihrer Patienten entscheiden, besonders bei Schwerbetroffene.
                            Diese gilt es zu finden.

                            Vielleicht ist es eine Hoffnung für die nächsten Generationen - siehe auch vorherigen Link im Vorthread - dass sich zunehmend mehr junge Ärzte - hier besonders die Frauen, von der stringenten Schulmedizin abwenden und den Verbund mit der Komlementären M. befürworten.

                            Freundliche Grüsse
                            Hans-J.
                            Mein PK Verlauf unter: http://www.myprostate.eu/?req=user&id=96

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                              #59
                              Wutpatient und EBM

                              Zitat von Reinardo Beitrag anzeigen
                              Notwendige und mögliche Therapien für Schwersterkrankte werden durch Warten auf Ergebnisse gemäß EBM verzögert. Die Verschleppung der Zulassung von Alpharadin ist dafür ein Beispiel.

                              Das bringt uns zurück zu der Frage: Wer ist ein guter Arzt? Ein guter Arzt ist derjenige, der aus vielen eigenen Erfahrungen schöpft und sich auch die Erfahrungen anderer Ärzte zu Nutze macht, denen er vertraut. Er muss die Wirkungsweise der Medikamente kennen, deren Nebenwirkungen, und sich vorstellen können, wie die Therapien bei seinem Patienten wirken könnten. Wenn diese in sagen wir 10 Fällen gut wirken, liegt er richtig, es auch im 11. Fall zu versuchen. Die Ergebnisse von Studien mit großen Kollektiven sind zwar interessant, sollten auf individuelle Therapieentscheidungen aber keinen Einfluss haben.
                              Du forderst also, dass Ärzte Medikamente anwenden, nachdem sie "in sagen wir 10 Fällen gut wirken".
                              Irgend ein Patient muss ja mal der Erste sein, der das Zeug verpasst bekommt, und wenn dann eines
                              von vielen Medikamenten "in sagen wir 10 Fällen gut wirkt", könnte es von den Ärzten in die Routine
                              aufgenommen werden, meinst Du. Was ist das denn Anderes, als Studien, allerdings mit dem Unterschied,
                              dass die Sicherheitsfragen aussen vor bleiben, und dass niemand auf die Idee käme, nach der
                              Anwendung an 10 Freiwilligen z.B. eine Immuntherapie gegen Stammzellen nach ein paar Wochen
                              und ein paar Anwendungen beurteilen zu wollen.
                              Das von Dir vorgeschlagene Vorgehen passt vielleicht für heilkräuterhaltige Smarties gegen Mundgeruch.

                              Du hast hier laut anklagend beschrieben, was selbst lange ausgetestete Medikamente anrichten
                              können. Das war allerdings alles im Beipackzettel fein säuberlich notiert, und nun willst Du einfach die
                              Alchimisten an Patienten rumprobieren lassen, wie es einst Dr. Eisenbart zu tun pflegte?

                              Deine Wut, lieber Reinardo, über Deine (vermeintlichen) drei Fehler lassen Dich darüber hinwegsehen,
                              dass Du mittlerweile mehr als 10 Jahre mit der Krebsdiagnose lebst und auch nach EBM noch in
                              keiner Weise austherapiert bist. Ich denke, der PD an der Charité hatte recht, als er Dir eine hohe
                              Lebenserwartung errechnet hatte.
                              Für eine Tumorstammzellentherapie wird dies allerdings mit oder ohne EBM nicht reichen, denn solche
                              Stammzellen sind im Prostatakrebs bisher nur Vermutung. Von Therapieansätzen keine Spur.
                              Das wird hoffentlich gut für kommende Generationen.

                              Carpe diem!
                              Hvielemi
                              Meine Beiträge schreibe ich als CRPCa-betroffener Laie.

                              [1] Mein PSA-Verlauf graphisch auf myprostate.eu
                              [2] Meine PK-Historie auf Myprostate.eu
                              [3] PSA-Verlaufsanalyse 2003-2013 nach Glättli (Was ist PSA-Alert?)
                              [4] PSMA-PET/CT vom 04.07.2012: Paraaortale Lymphmetastase
                              [5] PSMA-PET von 08.2016 vor PSMA-RLT, danach 03.2017, sowie 05.2017

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                                #60
                                Hallo Hvielemi:-

                                Es geht hier doch nicht um mich oder den PD, den ich kennen und nicht schätzen gelernt habe. Mein persönliches Schicksal ist in dem Kontext völlig irrelevant, dient mir nur gelegentlich als Beispiel für Erfahrungen, die insbes. Kassenpatienten mit der Krebsmedizin machen.

                                Ich habe zu Kriegszeiten noch Professor Sauerbruch in der Charité erlebt, der meinen Vater operiert und ihm im letzten Kriegsjahr die Rückkehr an die Ostfront erspart hat. D a s war ein Arzt, wie ich ihn mir vorstelle. Er hat in der Herzchirurgie Pionierarbeit geleistet. Über Studien, wie wir sie heute kennen, habe ich in seinen Memoiren nichts gelesen. Leibowitz lehnt Studien zwar nicht ab, hält sie a la longue sogar für nützlich, behandelt seine Patienten aber höchst individuell, nach seiner Erfahrung und wie der Patient auf ein Medikament reagiert. Walsh zitiert Studien nur im Rahmen seiner Argumentation gegen den Missbrauch der Hormontherapie.
                                Und dann gibt es die anderen, meist jüngeren und noch wenig erfahrenen Mediziner, die ihre Beratung auf x-y Studien stützen, deren Ergebnisse ihnen als Gehhilfe dienen. Leider sind letztere in der Mehrzahl, und bei der 4-Minuten-Schema-F-Behandlung von nur gesetzlich Versicherten geht es wohl auch nicht anders.

                                Gruß, Reinardo

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