Nachdem ich vor kurzer Zeit ein kleines Review zur Frage der Behandlung oligometastatischer Erkrankung bei Primärdiagnose eingestellt hatte, bleibt noch die Frage offen, ob solch ein Vorgehen, d.h. lokale Therapie einzelner bei der Rezidivdiagnostik gefundener Metastasen, Sinn macht. Auch in dem ersten Review wurde diese Frage schon von Betroffenen aufgeworfen, und ich hatte darauf hingewiesen, dass ein Primärstadium bzw. die Rezidivsituation unterschiedlich zu handhaben sind. Glücklicherweise ist mir dazu kürzlich ein gut gemachtes Review meines Freundes Allen Edel über den Weg gelaufen, welches ich versucht habe zu übersetzen, damit wir für den Rezidivfall auch ein paar Vorstellungen haben, wie wir uns verhalten könnten, und natürlich auch warum.
Hier also die Übersetzung, das Originalreview, mit interessanten Kommentaren erschien wieder mal im Infolink[1]:
"Obwohl die Theorie der Existenz eines vorübergehend stabilen oligometastatischen Stadiums beim Prostatakrebs mehr als 20 Jahre alt ist, bleibt es unklar, ob die Anwendung einer Strahlentherapie (oder auch anderer Formen gezielter Behandlung) einen kurativen oder die Progression verzögernden Vorteil hätte, wenn in der Rezidivdiagnostik nur wenige Metastasen erkennbar wären. Alle diesbezüglichen Studien dazu waren bisher sehr kleine Einzelinstitutsstudien, bei denen eine Randomisierung, eine Kontrollgruppen, und auch eine grundsätzlich einheitliche Behandlung fehlte. Ost und Kollegen haben viele vorhandene Daten in einer Meta-Analyse[2] zusammengeführt, wobei sie sich auf diejenigen Patienten konzentrierten, bei denen nur wenige Metastasen im Rezidivstadium mit SBRT [Stereotactic Body Radiotherapy, z.B. mittels CyberKnife] behandelt wurden. Hier die Daten:
Insgesamt konnten 119 Patienten aus sechs Studien mit den folgenden Eigenschaften identifiziert werden:
Die Metastasen waren zu 60% Lymphknotenmetastasen, zu 36% Knochenmetastasen und zu 4% viszerale Metastasen
Der Nachweis der Metastasen erfolgte bei 77% der Patienten über ein Cholin-PET/CT, bzw. bei 20% über ein FDG-PET/CT und nur bei 3% der Patienten durch eine nicht näher spezifizierte MRT Bildgebung.
Der durchschnittliche PSA Wert bei Diagnose lag bei 4,0ng/ml, mit einer Verdopplungszeit von 5,6 Monaten.
Eine adjuvante ADT [Testosteronentzugstherapie] wurde in der Hälfte der Fälle über einen mittleren Zeitraum von 2 Monaten durchgeführt.
Patienten, deren ADT im Vorlauf länger als 12 Monate durchgeführt wurde, wurden ausgeschlossen. Ebenso diejenigen, deren ADT bei Rezidivdiagnose weitergeführt wurde.
Als Primärtherapie wurde eine radikale Prostatektomie (RPE) in 18%, eine Strahlentherapie (RT) in 25% und eine Kombination aus RPE und Salvage-RT in 57% der Fälle angewandt.
Die mittlerer Nachbeobachtungszeit nach SBRT Behandlung der Metastasen betrug 3 Jahre:
Die Progressionsfreiheit der lokal behandelten Metastasen betrug 93% nach 3 Jahren und 92% nach 5 Jahren und war signifikant höher bei höherer SBRT Dosierung. Progress trat im Mittel nach 18 Monaten auf, wenn keine begleitende ADT eingesetzt wurde, und nach 25 Monaten mit einer begleitenden ADT. Diese Differenz ist aber statistisch nicht relevant.
Das Gesamtüberleben betrug 95% nach 3 Jahren und 88% nach 5 Jahren
Die späte Grad 2 gastrointestinale Toxizität betrug 3%, ohne Beschreibung höherer Toxizitäten.
Beurteilung:
Die auf die Metastasen gerichtete SBRT Behandlung hat eine ausgezeichnete Wirkung auf die Beseitigung der spezifischen Metastasen, auf die sie gerichtet war, mit bemerkenswert geringer Toxizität. Doch konnte das die Progression nicht stoppen, außer in 15 Prozent der Patienten, zumindest nach 5 Jahren, und vermutlich in weniger Fällen, wenn man eine längere Nachverfolgungszeit berücksichtigen würde. Die Frage die daraus resultiert ist, hat die Behandlung das Krebsgeschehen verlangsamen können, so dass viele zusätzliche Monate und vielleicht Jahre des Überlebens, insbesondere des symptomfreien Überlebens, daraus resultieren? Schließlich waren wir ja auch froh, ein paar Monate zusätzliche Überlebenszeit durch die neuesten Medikamente wie Xtandi, Zytiga und Jevtana zu generieren. Für fast 2 Jahre gab es keine Fernmetastasen bei diesen unter genauer Beobachtung stehenden Patienten, und selbst dann, war die metastatische Last niedrig. Auch gab es fast kein Toxizitätsrisiko. Sollte die routinemäßige SBRT Behandlung von oligometastatischen Rezidivstadien die neue Standardbehandlung werden?
Das ist eine sehr schwer zu beantwortende Frage, auch mit den gepoolten Daten aus dieser Studie. Das Problem ist, dass wir nicht wissen, was geschehen wäre, wenn die untersuchten Patienten nicht lokal behandelt worden wären. Hatten diese Patienten vielleicht nur einen langsamen Krankheitsfortschritte, oder erschien dies nur so, weil sie so eng mit fortgeschrittener Bildgebung ab einem sehr frühen Zeitpunkt beobachtet wurden (lead-time bias / Vorlaufzeit Verzerrung)?"
To be continued...
Hier also die Übersetzung, das Originalreview, mit interessanten Kommentaren erschien wieder mal im Infolink[1]:
"Obwohl die Theorie der Existenz eines vorübergehend stabilen oligometastatischen Stadiums beim Prostatakrebs mehr als 20 Jahre alt ist, bleibt es unklar, ob die Anwendung einer Strahlentherapie (oder auch anderer Formen gezielter Behandlung) einen kurativen oder die Progression verzögernden Vorteil hätte, wenn in der Rezidivdiagnostik nur wenige Metastasen erkennbar wären. Alle diesbezüglichen Studien dazu waren bisher sehr kleine Einzelinstitutsstudien, bei denen eine Randomisierung, eine Kontrollgruppen, und auch eine grundsätzlich einheitliche Behandlung fehlte. Ost und Kollegen haben viele vorhandene Daten in einer Meta-Analyse[2] zusammengeführt, wobei sie sich auf diejenigen Patienten konzentrierten, bei denen nur wenige Metastasen im Rezidivstadium mit SBRT [Stereotactic Body Radiotherapy, z.B. mittels CyberKnife] behandelt wurden. Hier die Daten:
Insgesamt konnten 119 Patienten aus sechs Studien mit den folgenden Eigenschaften identifiziert werden:
- Bei Rezidivdiagnostik wurden nicht mehr als drei Metastasen nach einer zuvor durchgeführten radikaler Behandlung identifiziert.
- Gefunden wurde: eine Metastase bei 72% der Patienten, zwei bei 19% Prozent und drei bei 9%
- Insgesamt wurden 163 Metastasen diagnostiziert
- Die mittlere Zeit von zwischen Lokaltherapie und Rezidivdiagnose betrug 4,7 Jahre
Die Metastasen waren zu 60% Lymphknotenmetastasen, zu 36% Knochenmetastasen und zu 4% viszerale Metastasen
Der Nachweis der Metastasen erfolgte bei 77% der Patienten über ein Cholin-PET/CT, bzw. bei 20% über ein FDG-PET/CT und nur bei 3% der Patienten durch eine nicht näher spezifizierte MRT Bildgebung.
Der durchschnittliche PSA Wert bei Diagnose lag bei 4,0ng/ml, mit einer Verdopplungszeit von 5,6 Monaten.
Eine adjuvante ADT [Testosteronentzugstherapie] wurde in der Hälfte der Fälle über einen mittleren Zeitraum von 2 Monaten durchgeführt.
Patienten, deren ADT im Vorlauf länger als 12 Monate durchgeführt wurde, wurden ausgeschlossen. Ebenso diejenigen, deren ADT bei Rezidivdiagnose weitergeführt wurde.
Als Primärtherapie wurde eine radikale Prostatektomie (RPE) in 18%, eine Strahlentherapie (RT) in 25% und eine Kombination aus RPE und Salvage-RT in 57% der Fälle angewandt.
Die mittlerer Nachbeobachtungszeit nach SBRT Behandlung der Metastasen betrug 3 Jahre:
- In dieser Zeit wurden bei 61% der Patienten Fernmetastasen festgestellt, mit einem entsprechenden progressionsfreien Überleben von 31% nach 3 Jahren, und 15% nach 5 Jahren.
- Die mittlere progressionsfreie Überlebenszeit für Fernmetastasen betrug 21 Monate.
- 70% der Patienten hatten drei oder weniger Metastasen zum Zeitpunkt der Progression.
- Die mittlere Zeit bis zur Einleitung einer palliativen ADT betrug 28 Monate.
- Etwa die Hälfte der Patienten erhielt eine zweite SBRT Behandlung.
Die Progressionsfreiheit der lokal behandelten Metastasen betrug 93% nach 3 Jahren und 92% nach 5 Jahren und war signifikant höher bei höherer SBRT Dosierung. Progress trat im Mittel nach 18 Monaten auf, wenn keine begleitende ADT eingesetzt wurde, und nach 25 Monaten mit einer begleitenden ADT. Diese Differenz ist aber statistisch nicht relevant.
Das Gesamtüberleben betrug 95% nach 3 Jahren und 88% nach 5 Jahren
Die späte Grad 2 gastrointestinale Toxizität betrug 3%, ohne Beschreibung höherer Toxizitäten.
Beurteilung:
Die auf die Metastasen gerichtete SBRT Behandlung hat eine ausgezeichnete Wirkung auf die Beseitigung der spezifischen Metastasen, auf die sie gerichtet war, mit bemerkenswert geringer Toxizität. Doch konnte das die Progression nicht stoppen, außer in 15 Prozent der Patienten, zumindest nach 5 Jahren, und vermutlich in weniger Fällen, wenn man eine längere Nachverfolgungszeit berücksichtigen würde. Die Frage die daraus resultiert ist, hat die Behandlung das Krebsgeschehen verlangsamen können, so dass viele zusätzliche Monate und vielleicht Jahre des Überlebens, insbesondere des symptomfreien Überlebens, daraus resultieren? Schließlich waren wir ja auch froh, ein paar Monate zusätzliche Überlebenszeit durch die neuesten Medikamente wie Xtandi, Zytiga und Jevtana zu generieren. Für fast 2 Jahre gab es keine Fernmetastasen bei diesen unter genauer Beobachtung stehenden Patienten, und selbst dann, war die metastatische Last niedrig. Auch gab es fast kein Toxizitätsrisiko. Sollte die routinemäßige SBRT Behandlung von oligometastatischen Rezidivstadien die neue Standardbehandlung werden?
Das ist eine sehr schwer zu beantwortende Frage, auch mit den gepoolten Daten aus dieser Studie. Das Problem ist, dass wir nicht wissen, was geschehen wäre, wenn die untersuchten Patienten nicht lokal behandelt worden wären. Hatten diese Patienten vielleicht nur einen langsamen Krankheitsfortschritte, oder erschien dies nur so, weil sie so eng mit fortgeschrittener Bildgebung ab einem sehr frühen Zeitpunkt beobachtet wurden (lead-time bias / Vorlaufzeit Verzerrung)?"
To be continued...
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