Hallo liebe Forumsangehörige,
nachdem ich lange nicht mehr im Forum geschrieben habe, möchte ich mal wieder über den aktuellen Status meines Vaters
berichten. Letztes Jahr im November hat er seinen 71. Geburtstag gefeiert - danach sah es bei der Diagnosestellung 2009
nicht wirklich aus, eher nur nach wenigen Wochen.
Ich bin dankbar um jedes Jahr, ja um jeden einzelnen Tag!
Psychisch geht es ihm gut - zumindest so weit ich das beurteilen kann - er erzählt viel (allerdings nie was er fühlt) und
wir lachen viel miteinander. Körperlich hat er keine Schmerzen und bekommt auch immer noch keine Schmerzmittel, trotz der
vielen Knochenmetastasen. Er wird allerdings von der Wirbelsäule immer schiefer und schläft bzw. liegt viel. Nur zum Frühstück und Mittagessen, der wöchentlichen Krankengymnastik und an den beiden Nachmittagen an denen ich fest da bin steht er auf. Eine Chemo wurde seitens des Onkologen ja abgelehnt, da mein Vater - auf Grund seines geringen Gewichts und des Herzfehlers - diese wohl nicht überstehen würde.
Was ihn körperlich "ärgert" ist der Katheter, er hat tagsüber einen Beinbeutel und der rutscht immer (und zieht dann arg am Sschlauch) , da er so wie gut keine Muskeln mehr hat. Der Beinling den wir im Pflegeheim auftreiben konnten - und mit dem er wirklich glücklich war - ist neuerdings verschwunden. Da mein Papa aber im Pflegeheim lebt, darf der Arzt keinen aufschreiben, da das Pflegeheim einen Pauschalbetrag (von dem das PH die geeignete Befestigung bestellen MUSS/MÜSSTE lt. KK) für die Inkontinenzversorgung bekommt, und da wohl nur die Klettbänder ins Budget passen.
Natürlich werde ich sie auf eigene Rechnung bestellen, denn a) kosten sie nicht die Welt und b) soll er die Erleichterung haben die er haben kann. Ich versteh nur nicht, warum bei annähernd gleichen bzw. wohl eher weniger Kosten (ca. 7 EUR pro Beinling, 2 würden für lange Zeit reichen) nicht das getan wird, was eigentlich gemacht werden muss. Dort fühlt sich keiner dafür zuständig, und ich weiß echt nicht, ob ich es wegen der paar EUR bis zur Heimleitung eskalieren soll!?
Im Prinzip hab ich weder Kraft noch Nerven dazu, aber es gibt so viele Dinge hinter denen ich her sein muss.
Jede Woche wenn ich nach seinem Gewicht gefragt habe, hieß es "unverändert" (war seit langem bei 54-55) - heute bekomme ich mit, dass es locker 6 Kilo weniger sind - also in den letzten Wochen wohl offensichtlich gelogen (ich hatte es schon geahnt). Nachdem ständig das Personal gewechselt hat, fühlt sich wohl keiner dafür zuständig mal der Stationsleitung oder wem auch immer - z.B. mir (?) so einen Gewichtsrutsch mitzuteilen. Auch wenn er sagt, er fühle sich wohl, muss man doch schauen dass das Gewicht in "gesundem" Rahmen bleibt, oder? In der Anfangszeit haben sie ihn ja auch toll aufgepäppelt. Wenn ich ihm sage, er solle mehr essen, dann krieg ich immer nur "jaja" als Antwort - bei den Pflegern war er eigentlich immer viel einsichtiger, aber die kümmern sich ja grad gar nicht. Jeden Tag sind andere Leute da.
Okay, dass sich eine Verschlechterung der Krankheit anbahnt (PSA von Bestzeit 9 mittlerweile wieder bei über 50) und ihn der Sch...krebs wohl doch Kraft kostet, ist mir klar. Vielleicht hab ich auch nur zu lange die Augen verschlossen bzw. uns einfach in (vorläufiger) Sicherheit gefühlt (und mich von der guten Laune meines Dads täuschen lassen???), obwohl mir schon klar ist, dass wohl eine schlimme Zeit kommen wird. Aber es ist ein Pulverfass und wir wissen nicht, wann und wie dieses hochgeht. Jetzt? Es zerreißt mich, nichts machen zu können und nicht zu wissen wie es weitergeht, nur versuchen ihm alles so bequem wie möglich zu machen.
Diese Ängste fressen mich auf, ich hab auch eigentlich niemanden mit dem ich darüber mal reden kann. Ich habe keine Geschwister, bin Single und meine beiden Bezugspersonen in der Familie sind beide selber schwer krank. Die Sorgen kommen noch dazu und ich weiß, dass bei meiner Tante der BSD-Krebs auch nicht heilbar ist.
So langsam drehe ich durch, es wir einfach alles nur noch zu viel an Sorgen, und dass obwohl ich mir angewöhnt habe mir um manche Dinge einfach keine Sorgen mehr zu machen, weil es einfach nur unwichtig ist.
Langsam glaube ich, dass ich mich selber in Therapie begeben sollte, um vielleicht alles bewältigen zu können (auch den Horror den ich 2009 erlebt habe), aber die Zeit ist einfach nicht da, und in meinen wenigen Freiräumen (bin selbständig und arbeite oft 7 Tage und bis zu 14 Stunden), möchte ich bei meinem Vater sein. Da hätte ich einfach nur ein schlechtes Gewissen, denn er ist einfach zur Zeit wichtiger, da ich ja auch nicht weiß wie viel Zeit wir noch haben. Ich hab das Gefühl ich sitz im Karussell und der Betreiber ist nach Hause gegangen und lässt mich dort hängen. Ich würde so gern einfach mal ausbrechen für 2 Wochen in dem Wissen, dass in dieser Zeit nichts Schlimmes passiert und ich nicht gebraucht würde. Ich weiß dass ich funktionieren werde wenn es dann "hart kommt", aber ich hab davor solche Angst!
Wie kann man mit den Sorgen um geliebte Menschen leben? Und wie mit dem Bewusstsein, dass man sich wird verabschieden müssen? Und damit, zu wissen, dass derjenige leidet oder leiden wird? Wie oft denke ich "ach wäre ICH doch krank, dann müsste ich nicht zuschauen! Sorry, dass dieser "Bericht" nun doch so lang geworden ist, ich musste einfach mal richtig doll jammern, auch wenn es ja hier nicht um mich geht
Vielen Dank und ein sonniges Wochenende an alle
Jule
nachdem ich lange nicht mehr im Forum geschrieben habe, möchte ich mal wieder über den aktuellen Status meines Vaters
berichten. Letztes Jahr im November hat er seinen 71. Geburtstag gefeiert - danach sah es bei der Diagnosestellung 2009
nicht wirklich aus, eher nur nach wenigen Wochen.
Ich bin dankbar um jedes Jahr, ja um jeden einzelnen Tag!
Psychisch geht es ihm gut - zumindest so weit ich das beurteilen kann - er erzählt viel (allerdings nie was er fühlt) und
wir lachen viel miteinander. Körperlich hat er keine Schmerzen und bekommt auch immer noch keine Schmerzmittel, trotz der
vielen Knochenmetastasen. Er wird allerdings von der Wirbelsäule immer schiefer und schläft bzw. liegt viel. Nur zum Frühstück und Mittagessen, der wöchentlichen Krankengymnastik und an den beiden Nachmittagen an denen ich fest da bin steht er auf. Eine Chemo wurde seitens des Onkologen ja abgelehnt, da mein Vater - auf Grund seines geringen Gewichts und des Herzfehlers - diese wohl nicht überstehen würde.
Was ihn körperlich "ärgert" ist der Katheter, er hat tagsüber einen Beinbeutel und der rutscht immer (und zieht dann arg am Sschlauch) , da er so wie gut keine Muskeln mehr hat. Der Beinling den wir im Pflegeheim auftreiben konnten - und mit dem er wirklich glücklich war - ist neuerdings verschwunden. Da mein Papa aber im Pflegeheim lebt, darf der Arzt keinen aufschreiben, da das Pflegeheim einen Pauschalbetrag (von dem das PH die geeignete Befestigung bestellen MUSS/MÜSSTE lt. KK) für die Inkontinenzversorgung bekommt, und da wohl nur die Klettbänder ins Budget passen.
Natürlich werde ich sie auf eigene Rechnung bestellen, denn a) kosten sie nicht die Welt und b) soll er die Erleichterung haben die er haben kann. Ich versteh nur nicht, warum bei annähernd gleichen bzw. wohl eher weniger Kosten (ca. 7 EUR pro Beinling, 2 würden für lange Zeit reichen) nicht das getan wird, was eigentlich gemacht werden muss. Dort fühlt sich keiner dafür zuständig, und ich weiß echt nicht, ob ich es wegen der paar EUR bis zur Heimleitung eskalieren soll!?
Im Prinzip hab ich weder Kraft noch Nerven dazu, aber es gibt so viele Dinge hinter denen ich her sein muss.
Jede Woche wenn ich nach seinem Gewicht gefragt habe, hieß es "unverändert" (war seit langem bei 54-55) - heute bekomme ich mit, dass es locker 6 Kilo weniger sind - also in den letzten Wochen wohl offensichtlich gelogen (ich hatte es schon geahnt). Nachdem ständig das Personal gewechselt hat, fühlt sich wohl keiner dafür zuständig mal der Stationsleitung oder wem auch immer - z.B. mir (?) so einen Gewichtsrutsch mitzuteilen. Auch wenn er sagt, er fühle sich wohl, muss man doch schauen dass das Gewicht in "gesundem" Rahmen bleibt, oder? In der Anfangszeit haben sie ihn ja auch toll aufgepäppelt. Wenn ich ihm sage, er solle mehr essen, dann krieg ich immer nur "jaja" als Antwort - bei den Pflegern war er eigentlich immer viel einsichtiger, aber die kümmern sich ja grad gar nicht. Jeden Tag sind andere Leute da.
Okay, dass sich eine Verschlechterung der Krankheit anbahnt (PSA von Bestzeit 9 mittlerweile wieder bei über 50) und ihn der Sch...krebs wohl doch Kraft kostet, ist mir klar. Vielleicht hab ich auch nur zu lange die Augen verschlossen bzw. uns einfach in (vorläufiger) Sicherheit gefühlt (und mich von der guten Laune meines Dads täuschen lassen???), obwohl mir schon klar ist, dass wohl eine schlimme Zeit kommen wird. Aber es ist ein Pulverfass und wir wissen nicht, wann und wie dieses hochgeht. Jetzt? Es zerreißt mich, nichts machen zu können und nicht zu wissen wie es weitergeht, nur versuchen ihm alles so bequem wie möglich zu machen.
Diese Ängste fressen mich auf, ich hab auch eigentlich niemanden mit dem ich darüber mal reden kann. Ich habe keine Geschwister, bin Single und meine beiden Bezugspersonen in der Familie sind beide selber schwer krank. Die Sorgen kommen noch dazu und ich weiß, dass bei meiner Tante der BSD-Krebs auch nicht heilbar ist.
So langsam drehe ich durch, es wir einfach alles nur noch zu viel an Sorgen, und dass obwohl ich mir angewöhnt habe mir um manche Dinge einfach keine Sorgen mehr zu machen, weil es einfach nur unwichtig ist.
Langsam glaube ich, dass ich mich selber in Therapie begeben sollte, um vielleicht alles bewältigen zu können (auch den Horror den ich 2009 erlebt habe), aber die Zeit ist einfach nicht da, und in meinen wenigen Freiräumen (bin selbständig und arbeite oft 7 Tage und bis zu 14 Stunden), möchte ich bei meinem Vater sein. Da hätte ich einfach nur ein schlechtes Gewissen, denn er ist einfach zur Zeit wichtiger, da ich ja auch nicht weiß wie viel Zeit wir noch haben. Ich hab das Gefühl ich sitz im Karussell und der Betreiber ist nach Hause gegangen und lässt mich dort hängen. Ich würde so gern einfach mal ausbrechen für 2 Wochen in dem Wissen, dass in dieser Zeit nichts Schlimmes passiert und ich nicht gebraucht würde. Ich weiß dass ich funktionieren werde wenn es dann "hart kommt", aber ich hab davor solche Angst!
Wie kann man mit den Sorgen um geliebte Menschen leben? Und wie mit dem Bewusstsein, dass man sich wird verabschieden müssen? Und damit, zu wissen, dass derjenige leidet oder leiden wird? Wie oft denke ich "ach wäre ICH doch krank, dann müsste ich nicht zuschauen! Sorry, dass dieser "Bericht" nun doch so lang geworden ist, ich musste einfach mal richtig doll jammern, auch wenn es ja hier nicht um mich geht
Vielen Dank und ein sonniges Wochenende an alle
Jule
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