Aus Sorge um Spanien (2), Reinardo
Sehen wir einmal ab von der Arbeitslosigkeit, dann ist Spanien mindestens langfristig in einer besserer Position als Deutschland, obgleich es vordergruendig anders aussieht.
Die mit absoluter Mehrheit gewaehlte Parti Popular und Mariano Rajoy sind in einer starken Position, haben freie Hand zum Regieren.
Deutschland hingegen hat eine schwache Regierung. Die Koalition ist nicht stabil. Ihre Finanzpolitik ist nicht national, sondern auf Europa ausgerichtet, obgleich sich erst noch erweisen muss, ob das realistisch und nicht doch illusionaer ist.. Wie schwach die deutsche Regierung wirklich ist, zeigt sich schon darin, dass sie trotz guter Konjunktur es nicht geschafft hat, einen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen und sogar gezwungen ist, neue, zusaetzliche Schulden zu machen. Der deutsche Finanzminister ermahnt uns, Haushaltsdisziplin zu wahren, ist aber selbst ausserstande, uns dies vorzumachen..
In Spanien ist die Opposition auf Jahre ruhiggestellt, bei richtiger Politik mindestens fuer zwei Legislaturperioden.
Deutschland hingegen hat eine starke Opposition. Ihr Fuehrungspersonal draengt zwar an die Macht, kann ueberzeugende Alternativen aber nicht aufzuzeigen und ihr finanzwirtschaftliche Kompetenz steht in Frage. Schliesslich war es eine Regierung der heutigen Opposition, welche als erste in Europa die Stabilitaetsregeln fuer den Euro brach.
Psychologisch kann unser Praesident , weil es um die Zukunft Spaniens geht, bei Reformen und Notlagen von uns Patriotismus einfordern, waehrend die deutsche Regierung mit ihren Zahlungen und Garantien fuer fremde Staaten, wie das Beispiel Griechenland gezeigt hat, bei der deutschen Bevoelkerung auf Unbehagen und Ablehnung stoesst.
Schliesslich ist das politische System in
Vergessen wir auch nicht, dass die finanziell bessere Position Deutschlands gegenueber
Wer ist Mariano Rajoy? Welchen Herausforderungen sieht er sich gegenueber?
Es existieren ueber Rajoy eine vom Journalisten Graciano Palomo verfasste nicht autorisierte Biographie mit dem Titel “El Hombre Impassible” sowie eine von Rajoy selbst verfasste Schrift “En Confianza”. Jedoch finden wir in Epoca, der Sonntagsbeilage von
Rajoy entstammt einem seit Generationen mit Grundbuch- und Rechtsangelegenheiten befassten Clan. Er ist Politiker geworden entgegen dem Rat seines Vaters:“No Mariano,no. Esto no es vida para ti. . lleno de cuchilladas, navajazos, sinsabores, traiciones. Tu eres registrador y tienes un magnifico futuro profesional y economico” (Nein Mariano, nein. Das ist kein Leben fuer Dich … voller Messerstecherei, Gehaessigkeiten und Verrat.. Du bist Registrator und hast eine vortreffliche Zukunft, beruflich und wirtschaftlich)
Rajoy verdankt seinem Vater sehr viel, sieht sich ihm sehr aehnlich, beschreibt ihn als einen Perfektionisten, zurueckhaltend und sehr klug. Ueber sich selbst schreibt Rajoy:“Mi filosofia personal se resume en tener sensatez, razonar, pensar las cosas con calma e entender al otro, hablarle de lo que nos une mas que de lo que nos separa”. (Meine Philosophie ist es, einen kuehlen Kopf zu bewahren, ueber die Dinge ruhig und vernuenftig nachzudenken, zuzuhoeren und mit Anderen mehr ueber die Dinge zu sprechen, die uns verbinden und weniger ueber das, was uns trennt).
Der Eindruck, den wir von Mariono Rajoy bekommen, ist gut. Die Verbundenheit mit seiner Familie – er ist verheiratet und hat zwei Soehne – sein Lebenslauf, seine klare Sprache, seine Zurueckhaltung in der Oeffentlichkeit, das alles macht ihn sympathisch und wir koennen hoffen, dass er unser Land erfolgreich durch die Krise fuehren wird..
Werfen wir zuerst einen Blick auf gesellschaftliche Veraenderungen, die sich in Spanien vollziehen, nachdem in den letzten Jahren die Partei der Sozialisten unter Zapatero die Richtung bestimmt hatte. Hier tut sich fuer die nun regierende Parti Popular ein Nebenkriegsschauplatz auf, und es kann erwartet werden, dass seine Anhaenger Rajoy draengen werden, einige der von Zapatero vollzogenen Veraenderungen im Lande zurueckzunehmen. Was sich vollzieht, ist eine Art Kulturkampf, der Abwehrkampf einer spanischen Traditionen und konservativen Werten anhaengenden Elite gegen die von der Partei Zapateros ausgehenden Bestrebungen, aus Spanien ein “modernes” Land und aus den Spaniern “fortschrittlich gesinnte” Menschen zu machen. Werfen wir einen Blick zurueck in unsere Geschichte, dann hat es zu Beginn des Buergerkriegs ein aehnliches Szenarium gegeben, nur haben der Krieg und seine Brutalitaeten in den folgenden Jahren den Zweck der franquistischen Rebellion entheiligt.
Geschlossen weigern sich die medizinischen Dienste der Extremadura, Abtreibungen durchzufuehren. Das Recht zur Verweigerung gibt ihnen das am 5. Juli 2010 von der Ministerin fuer Gleichberechtigung erlassene Gesetz ueber Abtreibungen nach einer Fristenregelung. Die Aerzte weigern sich sogar, abtreibungswilligen Frauen den Zeitpunkt ihrer Schwangerschaft mitzuteilen, weil sie darin eine Mithilfe sehen.
Am 14.12.2011 schreibt
In
Ein mit Geldern aus dem europaeischen Sozialfonds finanzierter und verteilter Katalog des Instituto Andaluz de
Es ist sexistisch zu sagen: el jefe, weil auch eine Frau leitend taetig sein koennte. Stattdessen ist zu sagen: la jefatura.
Es ist sexistisch zu sagen: el solicitante, weil auch Frauen Antraege stellen koennen.. Es ist nicht sexistisch zu sagen: las personas solicitantes.
Es ist sexistisch zu sagen: los profesores y alumnos
Es ist nicht sexistisch zu sagen: la comunidad escolar
Grundsaetzlich ist bei allen Kollektiven, welche aus Menschen beiderlei Geschlechts bestehen, eine geschlechtsneutrale Wortwahl zu treffen.
Und es gibt dann noch die Probleme des Separatismus, des Terrornetzes der ETA und der Korruption mit ihren jeweiligen medialen Kampagnen Dem einst angesehenen Politiker Camps, kurz zuvor mit absoluter Mehrheit gewaehlt, wurde ein massgeschneiderter Anzug zum Verhaengnis. Seit Monaten lesen wir in den Zeitungen fast taeglich Nachrichten ueber Ausmass und Fortgang der Affaere.
Nun noch einige Bemerkungen zum juengsten Krisengipfel der EU.
Es ueberschlugen sich in den spanischen Zeitungen, sogar in der im allgeneinen eher kuehl kommentierenden
Aber schon auf der Innenseite von
Wir mussten nach
Juan Ramón Rallo, Nationaloekonom und Gruender des Instituto Juan de Mariana, schreibt zu den Aussichten, dass diese Beschluesse auf laengere Sicht Bestand haben werden, in
Fuer
Fuer Deutschland bedeuten die Beschluesse, den Weg freigegeben zu haben fuer Eurobonds, der folgerichtig naechste Schritt zu “mehr Europa”. Der Weg ist auch frei geworden fuer direkte Interventionen der Europaeischen Zentralbank, denn, wie Mario Draghi, der Praesident der BCE gesagt hat, “Si hay Pacto Fiscal, habrá nuevas medidas de apoyo monetario”. Man hat nun den Pacto Fiscal (auf Papier).
Der Kurs der BCE macht in Spanien Hoffnung auf eine Wende in der Krise. Man spricht von einer bald moeglichen Paritaet des Euro zum Dollar und sagt, dass Europa fuer seine Gesundung einen „weichen“ Euro brauche, keinen „harten“, wie die Deutschen ihn wollen. (
Es ist dies natuerlich das Ende der einst von den Gruendern der Waehrungsunion als heilig und unantastbar verkuendeten Unabhaengigkeit der Zentralbank von politischen Vorgaben und des Verbots direkter Finanzhilfen an zahlungsschwache Staaten.
David Cameron hat sicherlich richtig getan,
Wir, die wir Nationaloekonomie studiert haben und in der Lage sind, uns unabhaengig von Ruecksichtnahmen und politischen Vorgaben eine eigene, verlaessliche Meinung zu bilden, wissen natuerlich, wohin die Politik der „Rettung des Euro“ letztendlich fuehrt. Man wird es vielleicht schaffen, den Euro zu retten, aber es wird nicht viel mehr von ihm uebrig geblieben sein als sein Name.
Auf Mariano Rajoy warten grosse Herausfordeungen. Es wird spannend sein zu beobachten, wie er damit umgeht. Einen ersten Schritt hat er gestern mit der Verkuendung eines Reformpakets getan. Es lebe Spanien!
Reinardo
Kommentar