Liebe Mitstreiter,
in einem anderen Thread wurde die Frage der Therapieentscheidung von Männern um die 60 und älter auf eine für mich nicht nachvollziehbare Weise abgehandelt. Ich möchte ich hier deshalb einen neuen Thread aufmachen zum Thema der urpersönlichen Gedanken im Zusammenhang mit tatsächlichen oder vermeintlichen Heilungschancen ggü. den damit einhergehenden Risiken und der ebenfalls urpersönlichen Abwägung der Prioritäten. Ich stelle diesen Beitrag bewusst nicht in der Plauderecke ein, denn dazu ist mir das Thema zu ernst.
Ich war knapp 59 Jahre alt, als ich mit der Krebsdiagnose konfrontiert wurde und mich dann notgedrungen mit den Therapieoptionen einschl. deren Nebenwirkungen (und deren statistischer Häufigkeit) vertraut machte.
Meine damalige Lebenssituation: Ansonsten kerngesund, groß/schlank/sportlich, mitten in einem erfolgreichen Berufsleben stehend, reichhaltiges privates Lebensumfeld mit Sport, Reisen, Freundeskreis, spannenden ehrenamtlichen Aufgaben etc., sich relativ jung fühlend, bisher keine größere Operation gehabt – und im 7. Jahr einer neuen und höchst glücklichen Partnerschaft mit einer (jüngeren) Frau, die ich gerade (in zweiter Ehe) geheiratet hatte.
Meine körperliche Unversehrtheit war damals (und ist es noch heute) für mich ein außerordentlich wichtiges Ziel. Die Vorstellung von Inkontinenz war für mich grauenvoll. In dieser Lebenssituation war es daher für mich ziemlich unvorstellbar, mich z.B. einer RPE zu unterziehen.
(Kurze Anmerkung: Ich empfand die RPE damals wie heute als Verstümmelung, die nur in Ausnahmefällen angebracht ist, wo unzweifelhafte Heilungsaussichten bestehen oder die Tumorlast reduziert werden soll; diese Therapie als „Goldstandard“ den Betroffenen – oft reflexartig, ultimativ und bedrängend – aufzudrücken, halte ich für ein Verbrechen der urologischen Zunft; aber das ist nur meine persönliche Meinung, und darum geht es mir in diesem Thread auch gar nicht).
Angesichts eines sehr beglückenden Sexuallebens war natürlich auch die Potenz ein sehr wichtiger Faktor bei den Überlegungen, aber meine Frau und ich waren sehr schnell einig, dass unser Glück – weder das sexuelle, und schon gar nicht das allgemeine - nicht von meiner Erektionsfähigkeit abhängen würde. Aber ich gebe zu: Die mit ziemlicher Sicherheit vorhersagbaren negativen Auswirkungen einer OP auf die Potenz haben mich ebenfalls erschreckt und mein eigentlich im Vordergrund stehendes Verlangen nach körperlicher Unversehrtheit verstärkt und meine große Angst vor Inkontinenz spürbar vergrößert, ebenso natürlich auch meine mangelnde Begeisterung, mich einer großen OP unterziehen zu müssen.
Meine persönliche Priorität war und ist in einer solchen Situation:
Im Vordergrund steht die Lebensqualität und nicht die absolute Länge des Lebens, und das bedeutete damals für meine Therapieentscheidung, dass ich lieber noch 5 Jahre ohne jede Einschränkung an Lebensqualität genieße, selbst wenn dadurch die Erfolgswahrscheinlichkeit bei späterer Wahl einer der sog. kurativen Therapien sinkt (oder eine solche vielleicht sogar unmöglich wird).
Und auch heute noch – wo ich 4 der genannten 5 Jahre schon „im Sack habe“ – setze ich ganz eindeutig Qualität vor Quantität. Und so gilt meine persönliche Therapieentscheidung, die jeder in meiner PK-Historie nachlesen kann, wenn er möchte, auch noch für die nächsten 5 Jahre und dann wieder usw.usw., solange es mir vergönnt ist. Und auch wenn es dann nicht mehr geht, wird meine Entscheidung – zumindest aus meiner heutigen Sicht – nicht in Richtung „RPE/ST“ gehen, sondern um palliative Maßnahmen, solange diese bei guter Lebensqualität und Unversehrtheit möglich sind, und dann wird es eben heißen, Abschied zu nehmen von dieser Welt.
Ich hatte das Glück, in einem relativ frühen Stadium diagnostiziert zu werden (hoffe ich jedenfalls), aber ich meine, dass die von mir geschilderte Entscheidungssituation in abgewandelter Form auch in anderen Krankheitsstadien gilt – natürlich nur, wenn man ein ähnliches Prioritätenmuster hat wie ich. Und das bedeutet: Nicht, wie das Karnickel auf die Schlange, auf die (tatsächlichen oder oft auch nur vermeintlichen) Heilungschancen radikaler Schulmedizin schauen, sondern eine gezielte und sehr bewusste Güterabwägung betreiben und ohne Panik alle – und ich meine alle!! – Therapieoptionen ausloten.
Ich freue mich auf Eure Kommentare zu meinem Beitrag!
Herzliche Grüße
Schorschel
in einem anderen Thread wurde die Frage der Therapieentscheidung von Männern um die 60 und älter auf eine für mich nicht nachvollziehbare Weise abgehandelt. Ich möchte ich hier deshalb einen neuen Thread aufmachen zum Thema der urpersönlichen Gedanken im Zusammenhang mit tatsächlichen oder vermeintlichen Heilungschancen ggü. den damit einhergehenden Risiken und der ebenfalls urpersönlichen Abwägung der Prioritäten. Ich stelle diesen Beitrag bewusst nicht in der Plauderecke ein, denn dazu ist mir das Thema zu ernst.
Ich war knapp 59 Jahre alt, als ich mit der Krebsdiagnose konfrontiert wurde und mich dann notgedrungen mit den Therapieoptionen einschl. deren Nebenwirkungen (und deren statistischer Häufigkeit) vertraut machte.
Meine damalige Lebenssituation: Ansonsten kerngesund, groß/schlank/sportlich, mitten in einem erfolgreichen Berufsleben stehend, reichhaltiges privates Lebensumfeld mit Sport, Reisen, Freundeskreis, spannenden ehrenamtlichen Aufgaben etc., sich relativ jung fühlend, bisher keine größere Operation gehabt – und im 7. Jahr einer neuen und höchst glücklichen Partnerschaft mit einer (jüngeren) Frau, die ich gerade (in zweiter Ehe) geheiratet hatte.
Meine körperliche Unversehrtheit war damals (und ist es noch heute) für mich ein außerordentlich wichtiges Ziel. Die Vorstellung von Inkontinenz war für mich grauenvoll. In dieser Lebenssituation war es daher für mich ziemlich unvorstellbar, mich z.B. einer RPE zu unterziehen.
(Kurze Anmerkung: Ich empfand die RPE damals wie heute als Verstümmelung, die nur in Ausnahmefällen angebracht ist, wo unzweifelhafte Heilungsaussichten bestehen oder die Tumorlast reduziert werden soll; diese Therapie als „Goldstandard“ den Betroffenen – oft reflexartig, ultimativ und bedrängend – aufzudrücken, halte ich für ein Verbrechen der urologischen Zunft; aber das ist nur meine persönliche Meinung, und darum geht es mir in diesem Thread auch gar nicht).
Angesichts eines sehr beglückenden Sexuallebens war natürlich auch die Potenz ein sehr wichtiger Faktor bei den Überlegungen, aber meine Frau und ich waren sehr schnell einig, dass unser Glück – weder das sexuelle, und schon gar nicht das allgemeine - nicht von meiner Erektionsfähigkeit abhängen würde. Aber ich gebe zu: Die mit ziemlicher Sicherheit vorhersagbaren negativen Auswirkungen einer OP auf die Potenz haben mich ebenfalls erschreckt und mein eigentlich im Vordergrund stehendes Verlangen nach körperlicher Unversehrtheit verstärkt und meine große Angst vor Inkontinenz spürbar vergrößert, ebenso natürlich auch meine mangelnde Begeisterung, mich einer großen OP unterziehen zu müssen.
Meine persönliche Priorität war und ist in einer solchen Situation:
Im Vordergrund steht die Lebensqualität und nicht die absolute Länge des Lebens, und das bedeutete damals für meine Therapieentscheidung, dass ich lieber noch 5 Jahre ohne jede Einschränkung an Lebensqualität genieße, selbst wenn dadurch die Erfolgswahrscheinlichkeit bei späterer Wahl einer der sog. kurativen Therapien sinkt (oder eine solche vielleicht sogar unmöglich wird).
Und auch heute noch – wo ich 4 der genannten 5 Jahre schon „im Sack habe“ – setze ich ganz eindeutig Qualität vor Quantität. Und so gilt meine persönliche Therapieentscheidung, die jeder in meiner PK-Historie nachlesen kann, wenn er möchte, auch noch für die nächsten 5 Jahre und dann wieder usw.usw., solange es mir vergönnt ist. Und auch wenn es dann nicht mehr geht, wird meine Entscheidung – zumindest aus meiner heutigen Sicht – nicht in Richtung „RPE/ST“ gehen, sondern um palliative Maßnahmen, solange diese bei guter Lebensqualität und Unversehrtheit möglich sind, und dann wird es eben heißen, Abschied zu nehmen von dieser Welt.
Ich hatte das Glück, in einem relativ frühen Stadium diagnostiziert zu werden (hoffe ich jedenfalls), aber ich meine, dass die von mir geschilderte Entscheidungssituation in abgewandelter Form auch in anderen Krankheitsstadien gilt – natürlich nur, wenn man ein ähnliches Prioritätenmuster hat wie ich. Und das bedeutet: Nicht, wie das Karnickel auf die Schlange, auf die (tatsächlichen oder oft auch nur vermeintlichen) Heilungschancen radikaler Schulmedizin schauen, sondern eine gezielte und sehr bewusste Güterabwägung betreiben und ohne Panik alle – und ich meine alle!! – Therapieoptionen ausloten.
Ich freue mich auf Eure Kommentare zu meinem Beitrag!
Herzliche Grüße
Schorschel
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