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Der Krebs verändert meine Persönlichkeit

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    Hallo,

    wen soll ich denn zuerst therapieren?
    Ich schreibe mal allgemein.

    Geweint haben wir wohl alle schon mal, und sei es auf der Beerdigung o.d. Gleichen.
    Nein, nicht alle, mein Schwager der oft hier zu Hause zu Besuch ist hat noch nie geweint.
    Ich war erstaunt, als er und Brigitte mir das sagten.
    Am liebsten hätte ich ihn eins auf die Birne gegeben, bis er weint.

    Eine Familie habe ich nicht mehr wirklich. Fast alle verstorben, und Enkelkinder sind nicht so unsere Welt.
    Vor 3 Tagen ist einer meine Brüder gestorben.
    Er lag fast 10 Jahre mit Schlaganfall, als Pflegefall im Bettchen.
    Er hatte damals beim NDR als Bühnentechniker und später als Moderator gearbeitet.
    Ist auch, wie ich, bei der Hapag Lloud zur See gefahren.
    Das Verhältnis war damals gut, aber in den letzten Jahren nicht besonders.

    Wolfgangs Glasvase ist gut. Hat mir zu denken gegeben, denn mit einer Vase würde ich nicht auskommen.

    Zitat Lutzifer:
    „Ich mache das dann immer so, dass ich gar nicht mehr weiter lese, wenn ich merke, dass mich beim Lesen etwas zu stark runterzieht. Ein Buch lege ich dann weg, einen Film breche ich ab, meinem Gesprächsparter sage ich, dass ich über etwas Anderes reden will oder ich höre gar nicht mehr zu, Zeitungsartikel lese ich nicht zu Ende usw. Warum soll man sich selbst belasten? Ich kann ja mitbeeinflussen, was in meinen Kopf reinkommen darf.“
    Lutz, aggressive Schreiber wird es immer geben. Ich war auch mal einer
    Du solltest trotzdem weiter lesen.
    Das Ganze, was ich als Quote gesetzt habe, finde ich nicht gut.
    Hat dir das dein Therapeut gesagt?

    Ich war immer der Auffassung, gerade jetzt.
    Einmal vom Baum gefallen, wieder aufstehen und weiter machen.
    Das hatte ich 2007 erlebt.
    Der Notarzt kam später, als Brigitte, nach der Arbeit mich jammernd auf dem Sofa entdeckte.
    Ich wurde direkt per "Hubschraubschraub" auf die Intensivstation mit Luftbett transportiert.
    Ich steige aber weiter auf Bäume, weil die ja auch heute gekürzt werden müssen.

    Na ja, ich könnte noch weiter schreiben, will aber in die Sonne, mein Bäuchlein bestrahlen lassen.
    Es sollte eine kleine Aufmunterung für Karl sein, der ja versucht sich frei zu Schwimmen.
    Alles Gute lieber Karl.

    Lieber Adam, gehe sensibel mit Lutz Daten um, noch stirbt er nicht.
    Fast vergessen, Lutz, wie geht es deiner Frau?

    Gruss
    hartmut
    http://de.myprostate.eu/?req=user&id=626&page=graphic

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      Hallo,
      von Heulsuse zum heulenden Wolf
      Ich bin ja erst 64, habe also noch die Chance, vor dem 65sten ...
      Viele hier haben ja sogar auch noch andere chronische Erkrankungen. Herz, Darm, Lunge,.... Wenn ich nicht brav regelmäßig meine Asthmamedikamente nehme und mein Notfallmedikament dabei habe, dann kann es sehr schnell sehr schlecht ausgehen für mich.
      Ich kenne auch einige Leute, die gar keine organischen Erkrankungen haben und deren Leben trotzdem immer wieder mal akut bedroht ist durch Suizid aus Verzweifelung. Zum Teil sind das sehr junge Leute unter 30.
      Deshalb plädiere ich dafür, jeden mit seinen Beschwerden ernst zu nehmen, auch wenn sie einem aus eigener Sicht vielleicht harmlos vorkommen.
      Das kann man z.B. sehr gut lernen, wenn man seine eigenen Kinder mit aufzieht (und das nicht nur seine Frau machen lässt). Ich bin dankbar, dass ich das erleben durfte.
      Das nur mal so am Rande.
      Gruß
      Lutz
      Liebe Grüße Lutz --- > Mein Profil bei myProstate < --- > Erlebnisberichte meiner Therapien <

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        Lutz - du schaffst die 65. Mein Vater hatte eine Erbbtante, die - ständig krank - angeblich schon 3 x die letzte Ölung bekommen hatte und ist am Ende, fast hundertjährig, sehr zum Missvergnügen einiger Erbenanwärter, verschieden.

        Kommt, lacht mal. Spaß muss sein.

        Wolfgang.
        https://myprostate.eu/?req=user&id=977

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          Ich weiss nicht ob ich das hier sagen darf, aber ... ich muss oft sehr lachen bei manchen Beiträgen, so ernst das Grundthema auch ist. Lachen ist halt auch eines meiner Hobbies.
          Unser Hartmut, Hallo!, bringt mich sehr oft zum Lachen, danke Hartmut! (meine Liebste hat mir verboten, auf die Bäume zu gehen... mach ich aber trotzdem, wenn sie nicht da ist, Risiko!)
          Gruß
          Lutz
          Liebe Grüße Lutz --- > Mein Profil bei myProstate < --- > Erlebnisberichte meiner Therapien <

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            Michi,
            mein Problem mit dieser Krankheit ist, das sie mir Stück für Stück so ziemlich jede bisherige Lebens-Gewissheit genommen hat – ich hatte das Gefühl ich kann mich auf nicht verlassen – ich habe keinen Halt mehr:
            Dinge vorhersehen und abwenden: als Kind durfte ich mir als Linkhänder öfter anhören, dass ich zu schusslig bin. Also habe ich mir angewöhnt, was absehbar ist abzuwenden, Kleinigkeiten: Glässer die zu nah am Tischrand stehen weg stellen, Kinder deren Kopf auf Kantenhöhe sind, mit der Hand abzustützen, damit sie sich wenn ich vorbei gehe nicht anstoßen. Fuß drunter stellen wenn zerbrechliche Sachen runter fallen… Banalitäten. Als Erwachsener habe ich schon mit 50 Jahren mit Beckenbodentraining begonnen, falls mich das PCa trifft, damit ich kontinent bleibe!
            Ereignisse statistisch berechnen: Umsatzvorhersagen auf 1,4% genau oder Risikoberechnungen bis auf die letzte Kommastelle. In einer Studie wird das PCa Risiko für 60jährige mit 6% angegeben, Vater PCa, damit Verdopplung auf 12%, Hochrisikokrebse machen 25% aus. Ergebnis: mein Risiko mit 60 an einem Hochrisikokrebs zu erkranken lag wohl bei 3%! Da hat es doch das Schicksal so richtig gut mit mir gemeint, oder?
            Vorsorgen: Die Tastuntersuchung war bei mir sinnlos, mein Krebs wuchs oben, zusätzlich engmaschige PSA-Kontrolle. Mein Vater hatte vorher eine Prostatavergrößerung, ich nehme also Finasterid, um mir eine Ausschabung zu ersparen, halbiere damit wohl meinen PSA-Wert (was ich nicht wusste), schätze die Risiken einer Biopsie falsch ein, lasse sie wohl zu spät machen, keine Minimalivarsiven Therapien mehr, RPE! Ich wollte alles richtig machen, ich fühlte mich früher Entscheidungssicher – jetzt mache ich, gefühlt in einer der wichtigsten Entscheidungen meines Lebens, alles falsch! Das kann ich mir nicht verzeihen. Vorsorge versagt.
            Ich wollte keine RPE – ich muss es machen lassen, dachte dann wäre ich den Krebs los. Nein, Lymphkontenbefall, Wahrscheinlichkeit 18% - mich triffts. Also Bestrahlung, Hormonentzugstherapie, lass ich alles mit mir machen, wollte ich nie. Dann Vorstufe von Osteoperose und ich google die Rezidivwahrscheinlichkeit für meinen GS9, ich glaube es war eine Studie von Lichtenstein, ich kann es nicht mehr genau sagen, weil ich versuche diese Information zu verdrängen, der den GS-Faktor wäre das aussagekräftigste Merkmal: Wahrscheinlichkeiten werden zwischen 66%-88% angegeben – Dafür habe ich also diese ganze Scheiße mit mir machen lassen, um in 5 Jahren mit einem ungekapselten GS9 Krebs wieder auf Anfang zustehen?
            „Wir alle werden sterben!“ Das weiß ich schon. Aber das Bild von meinem Vater, dünne Arme, das Gesicht auf Totenkopfumrisse abgemagert, Blut im Mund. Ich bin nicht gerne auf Hilfe angewiesen, seine Rollstuhlphase im letzen Jahr möchte ich nicht erleben. Was macht das mit den pflegenden Angehörigen, wenn mir mein Schwager erzählt, dass sich der Krebs durch die Haut seiner Mutter gefressen hat, und er in sie rein sehen kann.
            Dass es vielen schlechter geht, sehe ich auch, es zieht mich runter und das ist ein Grund, warum es mich Überwindung kostet, hier zu schreiben, die hätten doch alle mehr Recht zu jammern als ich. Aber ich sehe auch die positiven Beispiele und an denen orientiere ich mich. Ich habe auch einen Filter bei myprostata.eu gesetzt, wer hat mit GS 9 noch 10, 15 Jahre hinter sich gebracht – das sind doch einige.
            Michi, du hast Vertrauen zu deinem Arzt, leider habe ich schon so viele Fehler miterleben müssen – ich nicht. Wenn du mit deinem Vertrauen gute Erfahrungen gemacht hast, funktioniert es für dich, ich habe schlechte Erfahrungen gemacht, und damit funktioniert es für mich nicht.
            Gruß, Karl

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              Hallo Karl,

              auch ich habe was meinen Tumor anbetrifft seinerzeit eine falsche Entscheidung getroffen- zu lange die PSA Bestimmung herausgezögert. Grund dafür war die meinung meines Hausarztes. Er hatte mir einmal gesagt, daß er auf grund zuvieler falsch positiv Ergebnisse nur einen solchen Test machen lassen würde, wenn er einen genetischen Zwilling mit PCA Diagnose hätte.
              Als ich dann vor 5 jahren zu einem urologen wegen Miktionsproblemen ging, fragte der mich natürlich nach einem PSA Test, den ich mit Verweis auf die Aussage meines Hausarztes abgelehnt habe. Der Urologe versuchte mich noch zu überzeugen, daß man heute bei erhöhten PSA Werten erst einmal den Verlauf kontrolliert und erst dann bei sehr hohen oder konstant ansteigenden PSA Werten eine Biopsie in Betracht zieht.Ich blieb bei meiner Ablehnung.Erhat dann noch eine Tastuntersuchung gemacht - Diagnose benigne Prostatavergrösserung.
              Die Beschwerden wurden nicht besser und 1 Jahr später, jetzt bei einem andren Urologen, habe ich den PSA bestimmen lassen. Der rief mich an einem Freitag Nachmittag an und teilte mir das Ergebnis mit - über 20. Das Wochenende war im Arsch. Der Blick in den Abgrund. Ich habe 2 Tage nichts gegessen und es dauerte ein paar Tage, bis ich mich neu sortiert hatte. Der Rest ist Geschichte. MRT -da sah man den Krebs dann deutlich. Biopsie (Das Ergebnis war dann noch erträglich -GS7 - was leider nach der RPE ein GS9 war) Dann Bestrahlung, ADT u.s.w.,kann man aber auch alles bei MY PROSTATE nachlesen.
              Der Treppenwitz ist, daß ausgerechnet ich als bekennender Hypochonder, der immer alles abkären ließ,eine Untersuchung wie die PSA Bestimmung nicht machen ließ und dem Krebs 1 jahr mehr Zeit zur Ausbreitung gegeben habe. Mehr als dumm gelaufen.
              Und trotzdem seh ich mich aus verschiedenen Gründen noch nicht in einer mit deinem Vater vergleichbaren Situation. Wie lange ist die Erkrankung deine Vaters her? Die medizinischen Möglichkeiten der PCA Behandlung haben in den letzten Jahren Fortschritte gemacht, und andere werden kommen.

              Kopf hoch Karl, für einen vorsichtigen Optimus ist durchaus Platz


              Wolfgang
              https://myprostate.eu/?req=user&id=977

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                Hallo Wolfgang
                Danke, dass ich mir irgendwann das Heulsusenprädikat erarbeiten werde, war mir schon klar, ich beschreibe das weil es mich nervt und davon los kommen will. Aber ich brauche doch keine Aufklärung darüber, dass es anderen schlechter geht und andere schon verstorben sind. Du gehst anders mit diesen Ereignissen um, deine Friedhofsvase würde mich runter ziehen, ich müsste meinen Torwart reinwerfen. War auf seinem Junggesellenabschied, nächster Termin, seine Beerdigung, ein Sohn 3 Jahre steht weinend neben dem Sarg, seine Frau hochschwanger weinend daneben. Zwei Kollegen mit 50 Jahren im selben Projekt wie ich Herzinfarkt. Die verschiedensten Krebsarten und -tote im nächsten Bekannten- oder Verwandtenkreis. Wir machen doch kein Wettrennen, wer hat die schlimmsten Erlebnisse in seinem Umfeld.
                Ich suche mir doch meine Depression nicht aus. Die Kabarettisten, Fußballer… wer sich immer auch schon als depressiv geoutet hat, die sind doch nicht alle todkrank – und die Heilung besteht doch nicht darin, zu sagen, andern geht es noch viel schlechter.
                In dem Beitrag an Michi habe ich versucht, zu beschreiben, dass mir Stück für Stück alle meine bisher funktionierenden Absicherungsmethoden genommen worden sind – mir ging jeder Halt verloren. Die Diagnosen immer schlimmer wurden, die Therapien immer radikaler. Am Schluss stehst du da, mit einem hoffentlich zum Stillstand gekommenen Hochrisikokrebs, beschädigtem Selbstbild, sexuelles Empfinden auf niedrigstem Niveau, körperliche Leistungsfähigkeit im Keller, Osteopathie – das kann man schon wegstecken, andern geht noch schlechter. Nein, es muss auch Platz für meine Wut, Ärger, Traurigkeit sein.
                Natürlich bauen mich die positiven Geschichten im Forum auf, und mein Urologe hat auch gesagt, dass die Chemo meines Vaters vor 30 Jahren nicht vergleichbar ist mit heute. Ich habe trotz super medizinischer Weiterentwicklung fast keinen Unterschied zur Therapie meines Vaters. Schön, vertrau ich darauf dass die Chemo viel besser vertragen wird: kann mir einer erklären, warum meine Tante bei Leberkrebs zwei Wochen an den Nebenwirkungen der Chemo stirbt, die absterbenden Zellen haben die Wege zur Niere verstopft – ist es nicht normal, dass bei einer Chemo Zellen absterben, warum kriegten sie das nicht in den Griff. Und das ist leider erst zwei Jahre her.
                Aber wie soll ich das formulieren, zu lesen, dass ich nicht der einzige Fehlentscheider bin in diesem so gut informierten Forum, hilft mir auch schon wieder.
                @Hartmut, danke für die Aufmunterung, du hast es gut erkannt, ich schwimme mich frei und so unterschiedlich wir wohl sind, ich war noch nie ein hinfallen und liegenbleiben Typ – nein, aufstehen nächster Versuch, sonst hätte ich ja nichts gelernt. Ich bin nicht vom Baum gefallen, nur vom Rad, Schultereckgelenksprengung Tossi III (alle drei Schulterbänder abgerissen, das Schlüsselbein aus dem Gelenk gerissen). Die Unfallzeugen wollten den Notarzt holen, ich bin aufgestanden, hab mein Rad nach Hause geschoben und mich von meiner Frau ins Krankenhaus fahren lassen. Die Physiotherapeutin konnte nicht verstehen, warum ich mit dem Rad zur Therapie fahre – ich schon.
                @Lutz, pass auf dich auf, ich gönne dir deutlich mehr als deinen 65.

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                  Karl. ich verstehe deine Ängste, weil sie auch meine waren und sind. Aber es gibt Möglichkeiten sie zu beherrschen. Nicht immer, aber immer öfter. Die erschreckenden Bilder müssen überschrieben werden mit Bildern, die angenehme Empfindungen hervorrufen. Zum Beispiel mit
                  schönen Dingen die man demnächst, nächstes Jahr, in 5 Jahren machen wird. Beim jetzigen Stand deiner Erkrankung wirst du noch viele Jahre ohne grössere Einschränkungen leben. Und ob dich der Krebs irgendwann dahinrafft ist überhaupt nicht sicher. Das Vergangene läßt sich nicht mehr ändern, das Zukünftige ist nur Möglichkeit. Lebe jetzt.

                  Wolfgang
                  https://myprostate.eu/?req=user&id=977

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                    Zitat von urosport Beitrag anzeigen
                    @Lutz, pass auf dich auf, ich gönne dir deutlich mehr als deinen 65.
                    Danke Karl,
                    Das ist lieb von Dir
                    Gruß
                    Lutz
                    Liebe Grüße Lutz --- > Mein Profil bei myProstate < --- > Erlebnisberichte meiner Therapien <

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                      Hallo Wolfgang,
                      du kannst schon hinterhältig sein, ich denke mir die halbe Nacht eine scharfe Erwiderung auf die Heulsusenbezeichnung aus, und dann so ein mitfühlender Kommentar – ich danke dir dafür.
                      Manche Bilder werde ich wohl nicht aus dem Kopf kriegen, aber tiefer ablegen in meinem Hirn und mit meiner 8 monatigen Enkeltochter überlagern – sie kann ja nicht sprechen, aber wie sie schon mit ihrem Minenspiel kommuniziert – ich könnte sie fressen.
                      Karl

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                        Nachdem ich mich ja mit Wolfgang schon wieder versöhnt habe, muss ich diese Heulsusenthematik allgemein aufgreifen – ich will ja meinen Spitzenplatz nicht verlieren.
                        Dieser stille Tränenfluss, den konnte ich ja, wenn ich alleine war, gut vertragen. Aber die Weinkrämpfe, bei denen ich mich gefühlt auf Embriogröße zusammen gekauert habe, waren nicht schön. Ich wusste gar nicht wie lange man Luft aus der Lunge auspressen kann.
                        Am Anfang ‚Warum trifft es mich, ich bin kein schlechter Mensch‘ dann das gedankliche Durchleben des Krankheitsverlaufs meines Vaters – da habe ich versucht mir mit den Daumen die Augenhölen zuzudrücken. Meine vier Inkontinenz-Erlebnisse ohne Vorlage. Ablehnung des eigenen Körpers, weil er nicht mehr vollumfänglich funktioniert. Besonders verwirrend, „Ich will, das nicht, ich will, dass alles wieder so wird wie früher! Ich habe doch alles mit mir machen lassen!“ Am nächsten Morgen dachte ich nur, auf welches intellektuelle Niveau bist du den jetzt gesunken? Dann habe ich in einem Bericht über das „Schattenkind“ gelesen, die Seele verbindet emotionale Verletzungen aus der Kindheit mit Parallelen aus der aktuellen Krise. Es hat mich belastet und verwirrt, aber jetzt habe ich das verstanden und hinter mir gelassen. Karl

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                          Hallo zusammen,
                          vielleicht haben es einige schon bemerkt, ich will mich so langsam ins Finale schreiben. In den vorgegangenen Beiträgen ist das schon eine zusammenfassende Selbstanalyse. Hier die Sätze die mir nicht geholfen haben:

                          „Der PSA-Test zur Früherkennung ist nur Geldschneiderei!“ Mir hat er wohl das Leben gerettet, meine Prostata war vier Tage vor Entfernung, unauffällig im Tastbefund. Mein Urologe gibt zu, dass er nur 1/3 der Prostata abtasten kann. Ein Drittel, mehr sieht die gesetzliche Versicherung für Männer nicht vor!
                          „Prostatakrebs wächst langsam!“ Die Strahlenärztin rät mir, falls ich noch Entscheidungszeit brauche, während dieser Zeit mir eine Hormonspritze geben zu lassen, um das Wachstum zu verlangsamen. Mein Urologe meint nur: „Sie hatten keine Zeit, der Krebs hätte Sie links überholt!“
                          „Vor Prostatakrebs müssen Männer keine Angst mehr haben, es gibt viele minimalinvarsive Behandlungsmethoden!“ Bei Hochrisikokrebs bleiben nicht mehr so viele Alternativen. Mir wurden noch zwei Methoden angeboten, und die Entscheidung trifft man dann unter ungewisser Erfolgswahrscheinlichkeit, nicht abschätzbaren Nebenwirkungen und Spätfolgen.
                          „Die Entscheidung soll sich gut für Sie anfühlen!“ Pest oder Cholera, wie soll sich das gut für einen anfühlen.
                          „Jetzt krieg dich mal wieder ein!. Nimm dich nicht so wichtig!“ Genau das würde ich ja gerne, ich kann mit Schmerzen umgehen, konnte meine Blase und den „neuen“ Blasenverschluss anlernen, aber mein Angstzentrum ist für logische Argumente nicht empfänglich. Und mein Problem war wohl auch, dass ich mit 50 Jahre nie wichtig genommen habe, sondern meine Belange immer untergeordnet habe.
                          „Zum Glück ist es ja nur Prostatakrebs, der geht meisten gut aus!“ Wenn ich im Durchschnittlsalter von 75 die Diagnose kriege, sterbe ich mit hoher Wahrscheinlichkeit mit und nicht an Prostatakrebs – ich war 60. Ist der Ärztin nicht klar, dass dieser Krebs mein männliches Selbstbild zerstört hat? Würde sie zu einem Patienten der in die Notaufnahme mit einem abgerissenen Finger kommt, auch sagen: „Jetzt jammern sie nicht so, letzte Woche hatten wir jemanden der hat sich die Hand abgerissen!“
                          „Sie können sich auch operativ kastrieren lassen, das hat aber auch Nebenwirkungen!“ Da habe ich mich wirklich gefragt, ob ein Mann aus dem Cancer Board so etwas ernsthaft vorschlägt. Sich selbst die Hoffnung zu nehmen, dass es nach dem Ende der Hormonentzugstherapie, sich vielleicht doch das sexuelle Erleben wieder verbessert, grenzt für mich schon fast an Selbstverstümmelung.
                          „Jetzt denk nicht so viel an die Krankheitsgeschichte deines Vaters!“ Ein Tipp meines Therapeuten und er stellt diesen Tipp gleich selbst in Frage mit dem Satz „Denk nicht an den rosa Elefanten!“ – was ist naheliegender, als an dieses Miterleben zu denken, wenn man von der gleichen Krankheit erwischt wird?“
                          „Sie haben dann eben einen trockenen Orgasmus!“ Warum muss ich zum Vorgespräch an eine junge weibliche Urologin kommen, sie weiß nicht, wovon sie spricht. Sie verkauft das so, als ob alles gleich bliebe nur das Ejakulat fehlt.
                          „Die Sexualität wird nicht besser oder schlechter, sie wird nur anders! Die meisten Männer wissen gar nicht, dass sie die Prostata nicht zum Erleben ihrer Sexualität brauchen.“ Als ich das gelesen hatte, kam ich mir echt verarscht vor. Was soll das! Mir wurden gefühlt 85% meiner sexuellen Empfindungsfähigkeit genommen. Die Sexualität wird natürlich schlechter, das als „anders“ zu bezeichnen halte ich für die Untertreibung des Jahrhunderts.
                          „Du erwartest eh, nur, dass ich dich mit deiner Krankheit die ganze Zeit bemitleide!“ Das ist ziemlich genau das Gegenteil von dem, was ich erwarte, mir ist Mitleid ein Gräuel!
                          „Du machst uns ja beide unglücklich!“ Damit wurde mir klar, dass ich meinen seelischen Zustand nicht durch die Zeit heilen lassen kann, ich stehe so zu sagen unter „Heilungsdruck“ ich muss schneller werden, das werde ich ohne professionelle Hilfe von außen nicht schaffen.

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                            Hallo zusammen,
                            es geht mir besser, diese nächtlichen Weinanfälle habe ich schon länger nicht mehr und die emotionalen Überfälle am Tage kann ich gut mit Gedankenabbruch, Konzentration und Wegatmen kontrollieren. Ich habe meine Kommunikation „normalisiert“, d.h. ich kann mit meiner Frau drüber sprechen, wenn mich etwas bewegt, den Gedanken Ihr, um sie zu schützen, gar nichts mehr zu erzählen habe ich wieder aufgegeben. Mit meiner Schwester und meinem Sohn habe ich noch zwei Gesprächspartner – so passt es.
                            Mein Therapeut hat mir gesagt, dass der Begriff Depression sehr allgemein ist – ich wollte diese Diagnose auch nicht haben, aber die Leiterin der Psychoonkologie war da leider anderer Meinung. Meine weitaus präzisere Definition Ereignis getriggerte zeitweilige Stimmungseintrübung, hätte es viel besser beschrieben. Es waren tatsächlich immer konkrete Ereignisse, die mich in das mentale Tief heruntergezogen haben.
                            Erst die sich immer mehr zuspitzende Diagnose, die OP deren Ergebnis nicht den Erwartungen entsprach, die Rezidivangst und zum Schluss diese bescheuerte „Jahresrückblicksdepression“, vor einem Jahr die Diagnose, die Biopsie, vor einem Jahr warst du noch voll funktionsfähig….
                            Den letzten Schritt meiner Gesundung werde ich mit meinem Therapeuten gehen. Erst war ich ganz froh, dass er kein, in den tiefen meiner Kindheit, forschender Psychologe ist – jetzt habe ich beschlossen, offen mit ihm über meine seelische Verletzungen zu sprechen, die ich noch mit niemanden besprochen habe – der beschriebene „Schattenkind-Weinanfall“ machte mir einfach deutlich, dass da noch Dinge schlummern, die einer kompletten Heilung im Wege stehen könnten.
                            Euch allen tiefempfundenen Dank, für Eure positiven Beispiele und Euer Verständnis. Ich hatte nicht die Absicht auf hohem Niveau zu jammern, sondern dieses Tabu Depression zu durchbrechen. Und wenn wir die Anteile im Forum vergleichen und die Professionalität, die hier für körperliche Leiden geboten ist, und das damit vergleichen, wie das Angebot für eine seelische Problematik ist, wird schon deutlich wo wir unsere Prioritäten setzen.
                            Wenn ich denke, dass mein Vater damals seine Depression nur einmal mit mir besprochen hat, ich habe nicht nachgefragt, er hat es nicht mehr erwähnt – dann tut mir das weh. Ich glaube nicht, dass ich da alleine durchgekommen wäre. Wenn ich dann die Verläufe von anderen hier durchlesen, habe ich wieder ein Problem: Ich kann einfach keine professionelle Distanz zu den Menschen aufbauen, die mich vor dem Mitleiden schützen würde. Den Thread von Konrad bis zum Ende zu lesen, bereitete mir Schmerzen.
                            Ein Artikel vom Wochenende über die heilende Wirkung des Humors hat es mir angetan, ich habe da schon begonnen und mein teilweise ironischer Schreibstil – ohne Verwendung von Smilys, ist ein Beleg dafür Hier sind ein paar tolle, hilfsbereite, intelligente Menschen im Forum unterwegs – die werde ich vermissen. Ich muss aber wieder eine Pause einlegen, mein Schlafverhalten hat sich extrem verschlechtert, weil ich in der Nacht die Erwiderungen oder die Antworten, auf die privaten Mail konzipiere und vier Stunden Konzeptionsarbeit in der Nacht rauben mir einfach die Erholung und die Zeit, die mein Hirn wohl zum Neuordnen braucht
                            Danke Euch, Karl

                            Kommentar


                              Hi Karl,
                              ich denke, es ist ganz gut für einen selbst, hier im Forum hin und wieder eine Pause einzulegen, um Abstand zu gewinnen.
                              Mitleiden finde ich OK, aber es darf niemals so intensiv werden, dass man selber davon krank wird. Da hat man auch eine Verantwortung sich selbst gegenüber.
                              Die Kindheit hat schon eine große Bedeutung für die Persönlickeitsentwicklung. Zum Glück lassen sich aber Defizite ausbügeln, wenn man es wirklich will.
                              Lass wieder von Dir hören, wenn Du Lust zum Schreiben hast. Ich lese hier immer sehr gerne.
                              Gruß
                              Lutz
                              Liebe Grüße Lutz --- > Mein Profil bei myProstate < --- > Erlebnisberichte meiner Therapien <

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                                Es fällt mir schwer, einen weiteren Beitrag zu schreiben, weil ich wirklich der Überzeugung war, ich bin schon fast raus aus meinem mentalen Tief. Stattdessen hat mich die Diagnose des Radiologen: Verdacht auf Knochenmetastase wieder zurückgeworfen. Kurz hatte ich den Eindruck, es wäre noch schlimmer als bei der Erstdiagnose, aber es stimmt nicht, damals war es schlimmer, ich habe im Rückblick den Eindruck, dass ich ¼ Jahr nicht mehr lachen konnte. Mein Humor ist mir nicht gänzlich abhandengekommen, gleitet aber manchmal in Sarkasmus ab. Es stellt sich auch nicht diese tiefe Verzweiflung ein, es ist mehr ein Gefühl, bei deinem gesundheitlichen Pech, war das doch zu erwarten. Mich zieht aber wieder dieses Muster herunter: ich habe doch alles gemacht was mir vorgeschlagen wurde, wenn ich alles richtig mache, muss doch das Ergebnis auch gut sein – nein, bei mir nicht. Ich hatte zwischenzeitlich wieder so ein Prognosetief: meine Frau fragt was los ist, ich antworte: „Glaubst du ich habe Lust in fünf Jahren wieder vor denselben Entscheidungen zu stehen, diesmal ein nicht gekapselter Krebs! Glaubst du ich habe Lust eine Chemo zu machen?“ „Ach Karl……. Denk doch nicht immer so negativ!“ Und jetzt ich kann gar nicht so negativ Denken wie es kommt, nicht nach fünf, nein nach 1 Jahr und 2 Monaten ist es schon so weit! Es ist mir auch klar, dass es geschätzt 50% unserer Forumsteilnehmer schlechte geht als mir, das macht es für mich aber nicht besser. Meine Absicht war es schon beim Start dieses Themas, Menschen, die diese Krankheit mental einfach nicht so leicht wegstecken, zu sagen, du bist nicht alleine mit diesem Problem und soviel Ehrlichkeit gehört aus meiner Sicht dazu, dass ich auch schildere, wenn ich einen emotionalen Rückschlag erlebe, dass ich das auch zugebe. Es gibt bei dieser Krankheit keinen linearen Heilungsverlauf, weder körperlich noch mental.

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